[Home] [Aktuell] [Aktuell-Archiv] [Mai 05][Jul 05]

UNiMUT aktuell -- Juni 2005

Eine unvollständige Chronik der jüngsten Proteste

Alle gegen das Rektorat (8.6.2005)

Die Senatssitzung am 30.5. war wohl wenig nach dem Geschmack des Rektorats: Nicht nur, dass etliche SenatorInnen ihrem Unmut über die Gutsherrenart, mit der der Fächertausch mit der Uni Mannheim inszeniert werden sollte, Luft machten und gar mit offener Insubordination drohten, nein, vor der Tür der Alten Uni meldete eine Demo von rund 400 mit allerlei Lärminstrumenten ausgestatteten Studis ebenfalls lautstark ihren Einspruch an. Dem Anlass angemessen kam dann auch keine Presseerklärung der Uni zu den Vorgängen heraus.

Der große Eklat -- die Wahrnehmung der quasi-demokratischen Rechte des Senats zur Ablehnung eines Plans des Rektorats nämlich -- blieb indes aus, denn die Entscheidung über die Fächerwanderung wurde vertagt, und zwar auf den 21.6. Bis dahin soll eine eilig zusammengestellte Kommission sehen, ob die diversen betroffenen Fakultäten nicht doch noch mit ein paar Trostpflästerchen zu versöhnen sind, während die Fachschaft VWL mit Demo und Party den Widerstand gegen den Plan mobilisiert. Dass im Gegenzug -- und Hintergrund -- natürlich auch Maßnahmen laufen, um dem Rektor eine Zustimmung im Senat zu sichern, versteht sich von selbst...

Auch ein anderer Plan, der vermutlich im Rektorat (oder gegen dieses? Die Auguren sind sich noch nicht einig) ausgesponnen wurde, stieß in der letzten Woche auf Protest -- es geht um eine Linguistikprofessur der Anglistik. Diese wird nämlich demnächst vakant werden und soll zu einer Professur für Allgemeine Sprachwissenschaft werden, angesiedelt im neuen IAAS, einer Zusammenfassung von IÜD, Computerlinguistik und IDF. Nun ist unbestritten, dass die Schließung des Instituts für Allgemeine Sprachwissenschaft im Zuge des so genannten Solidarpakts Ende der 90er Jahre ein Fehler war und die Lücke, die dadurch gerissen wurde, bis heute klafft. Andererseits ist es angesichts der Überlast, die die Anglistik seit Jahr und Tag trägt, natürlich frech, ausgerechnet sie für diesen Fehler zur Kasse zu bitten, einfach weil dort gerade eine Professur frei wird.

Das fanden auch rund 100 Studis der Anglistik, die am Mittwoch gegen diesen Plan auf die Straße gingen, pünktlich zur Sitzung des Fakultätsrats der wenigstens vordergründig zuständigen Neuphilologischen Fakultät. Dieser hatte die Umwidmung allerdings schon während einer Sitzung im Vormonat abgestimmt und so das Thema gar nicht mehr auf der Tagesordnung. Studierende haben es halt schwer an einer Einrichtung, an der prinzipiell alles Wichtige in nichtöffentlicher Sitzung besprochen und beschlossen wird... Allerdings weist die Redaktion darauf hin, dass einige wenige Angelegenheiten in öffentlicher Sitzung beschlossen werden und es für interessierte Studierende eine wichtige Erfahrung wäre, die hohen Gremien bei ihrer Arbeit zu beobachten. Am 21.6. könnte es im Senat einzelne Tagesordnungspunkte geben, die in öffentlicher Sitzung behandelt werden...

Unterdessen hat der Rektor eine weitere Front eröffnet, als er sich am vergangenen Donnerstag mit einigen Studis traf. Die ungewöhnliche Zusammenkunft war eine Folge der Fensterputzaktion im Rektorat Mitte Mai, während der die Beschäftigten des Rektors beteuerten, ihr Dienstherr stehe jederzeit zum Gespräch mit Studierenden bereit. Das "jederzeit" muss nun ein wenig relativiert werden, aber dennoch: Ein Gespräch fand statt. Zwar zeigte der Rektor durchaus Ohr, doch Bemühen zur Einsicht zeigte Hommelhoff nicht, sondern warf den Studierenden vor, sie seien in sein Büro "reingebrochen" wie "1938 die SA in Wohnungen der Juden". Ein Vergleich, der auf so vielen Ebenen grottenfalsch und instinktlos ist, dass sich jeder Kommentar verbietet. Was mensch wohl davon halten soll, dass Hommelhoff später anbot, sich zu entschuldigen, "wenn Sie sich davon persönlich angegriffen fühlen" ("wenn"!)? Wie auch immer: Der Rektor hat die Vase, die bei der Aktion einem Unfall zum Opfer gefallen war, verziehen und will sich durch "Beziehungen" eine neue beschaffen. Es gibt also auch keine Anzeige gegen die VasenzerbrecherInnen. Der Rektor hat dabei gezeigt, dass sein Anspruch, mit Studierenden reden zu wollen, keine bloße Floskel ist. Leider geht es nicht immer um zerbrochende Vasen, sondern auch um Themen, bei denen der Rektor dann nicht einlenkt.

Andere Studis haben heute Gespräche mit noch wichtigeren Herren geführt: Mit Minister Frankenberg persönlich -- die Gesellschaft der lokalen Landtagsabgeordneten von CDU (Werner Pfisterer) und SPD (Claus Wichmann) bekamen sie umsonst dazu. Frankenberg war eigentlich gekommen, um den 15. Landesforschungspreis zu verleihen (Gag am Rande: unter anderem an einen Wirtschaftsethiker), wurde dann aber vor der Tür der Alten Uni von einer Meute von rund fünfzig Studierenden gestellt. Diese hatte sich spontan gesammelt, um unter anderem über die projektierte AWI-Schließung zu reden. In bewährter Manier schob Frankenberg die Verantwortung für die Vorgänge an Hommelhoff ab und versuchte ansonsten, ZuhörerInnen für seine Diatriben über den Segen von Studiengebühren zu gewinnen. Das Niveau seines Amtsvorgängers Trotha, der sich bei einer ähnlichen Gelegenheit vor Jahren als "Anwalt der Studierenden" bezeichnet hatte, erreichte er leider nicht.

Vasen gingen, das zur allgemeinen Beruhigung, auch nicht zu Bruch.

Nachtrag (5.7.2005): Wir haben zu diesem Artikel (in seiner in der Druckausgabe publizierten Form) einen Leserbrief erhalten. Hier der Text:

Herr Hommelhoff ist ein fanatischer Anhänger der freien Marktwirtschaft. Er glaubt an die heilbringende Hand des Marktes und an den Wettbewerb als Lösung aller Probleme. Die Universtäten und sogar die einzelnen Fachbereiche sollen untereinander konkurrieren (Hommelhoff: "Das gibt ein Hauen und Stechen!"). Er möchte aus der Uni Heidelberg ein Wirtschaftsunternehmen machen. Deshalb hatte er alle Lehrenden aufgefordert, einen "Produktkatalog" mit ihren Lehrveranstaltungen zu erstellen. Deshalb sollen die Studierenden als "Kunden" Gebühren zahlen. Deshalb regiert er die Uni wie ein allmächtiger Konzernchef. Doch dieses Vorgehen ist äußerst unklug. Auch wenn ihm so mancher Wirtschaftsboss im Universitätsrat dies weismachen möchte: Professoren lassen sich nicht so einfach übergehen wie lohnabhängige Angestellte! Der Senat und die Fakultätsräte haben in den letzten Jahrzehnten zwar bei jeder Gesetzesnovelle an Einfluss verloren, sie sind aber immer noch wichtige Entscheidungsgremien. Der Streit ums AWI ist ein Präzendenzfall und das wissen die Senatoren. Sie werden sich im Machtkampf nicht so einfach geschlagen geben. Herr Hommelhoff unterschätzt auch die Ausdauer der Studierenden, die um ihren Studienplatz kämpfen, und die empörte Öffentlichkeit. Auch mit seinem skandalösen Vergleich Studierender mit SA- Schergen hat er sich als Rektor einer großen Universität disqualifiziert. So viele wichtige Persönlichkeiten haben schon wegen Nazivergleichen zurücktreten müssen.

In der Vergangenheit hat Rektor Hommelhoff es zwar immer wieder geschickt geschafft, die Studierenden untereinander und die verscheidenen Fakultäten gegenenander auszuspielen, doch nun scheinen die gechassten das Spiel zu durchschauen und sich gegen ihn zu wenden. Am Ende wird er über diese Fehler stolpern.

Nachtrag (12.7.2005): Zum SA-Vergleich hat der Antifa-AK folgende Stellungnahme veröffentlicht:

Stellungnahme zum "SA-Vergleich" Hommelhoffs (Rektor der Universität Heidelberg) Der Vergleich gegen die Schließung des Alfred-Weber-Instituts protestierender Studierender mit der Nazieinheit SA durch den Universitätsdirektor Peter Hommelhoff erschien zunächst ­ befremdlich genug - als törichter Ausrutscher eines "Überforderten".

In der RNZ vom 11.6.2005 wird Prof. Hommelhoff in einem offenen Brief wörtlich zitiert: "Sie sind in mein Büro gestürmt, wie die SA 1938 in die Wohnungen der Juden."

Die auf Beschwerden seitens der angesprochenen Studierenden folgenden Ausflüchte Hommelhoffs (RNZ vom 15.6.2005) geben einen erschreckend tiefen Einblick in dessen Geschichts- und Weltbild. Der Rektor besteht auf seinem Vergleich, nach dem die Methoden friedlich protestierender Studierender denen von SA-Schlägern glichen; Er, der Direktor der Universität Heidelberg, fühle sich anlässlich dieses "Überfalls" an das Schicksal eines jüdischen Rechtsanwalts erinnert, in dessen Heidelberger Wohnung im Jahre 1939 gewaltsam eingedrungen und Mobiliar zerstört worden sei.

Im von Hommelhoff herangezogenen Jahr 1938 war es in ganz Deutschland zu offenen Übergriffen auf jüdische BürgerInnen gekommen, welche davor eher verdeckt abliefen. Diese fanden in den so genannten "Novemberpogromen", durch die unmittelbar mehrere hundert JüdInnen getötet wurden, in dieser Form einen vorläufigen Höhepunkt.

Die Äußerungen des Rektors stellen nicht nur eine rücksichtslose Verhöhnung der damaligen jüdischen Opfer - welche in ihrer Menschenwürde erniedrigt, körperlich misshandelt, ermordet und zu Tausenden in Konzentrationslager deportiert wurden- und deren Hinterbliebenden dar, sondern sind zugleich auch eine Relativierung der Verbrechen von und im Namen der Deutschen während der Zeit des Nationalsozialismus.

Zur Verdeutlichung: Hommelhoff hat sich zwar bei den betroffenen Studierenden wegen des Vergleichs persönlich entschuldigt, hält aber nach wie vor an seiner Behauptung fest, dass die Methoden der "kreativ protestierenden" Studierenden der Art und Weise nach mit den menschenverachtenden Verbrechen von SA-Schlägern, die im Jahre 1938 JüdInnen aus ihren Wohnungen prügelten, gleichzusetzen sind.

So unbegreiflich eine derart dreiste Aussage eines Universitätsdirektors erscheinen mag, dürfte sie bei der Mehrheit der Deutschen auf Zustimmung oder zumindest Gleichgültigkeit treffen. Hommelhoffs Ekel erregender Vergleich muss, da er auch nach ausreichender Gelegenheit, sich von diesem zu distanzieren, auf seinem Standpunkt beharrt, im Zusammenhang mit der revisionistischen "Geschichtsbereitung" im Interesse eines wieder erstarkten Deutschland interpretiert werden. Sei es seitens Guido Knopp (die Deutschen als "Verführte" Hitlers und einer Führungsclique), Joschka Fischer (Einsatz der Bundeswehr im Kosovo, um ein "neues Auschwitz zu verhindern"), Jörg Friedrich ("Der Brand"), einer Erika Steinbach (dauernde Betonung der Leids der Heimatvertriebenen und Gleichsetzung von Opfern und Tätern) und in letzter Instanz in Form von antisemitischer Hetze, wie in prominenter Ausführung von einem Martin Hohmann (siehe dessen Rede zum "Tätervolk") betrieben.

Wie, wenn nicht mit einer derartigen revisionistischen Mentalität, ist es sonst zu erklären, dass Hommelhoff einen derart abwegigen Vergleich heranzieht, um seine Empörung zu äußern?

Hommelhoff besteht auch nach ausreichender Bedenkzeit auf seiner untragbaren Behauptung und enthüllt damit entweder seine mangelnde Fähigkeit zur Reflexion, oder deren Verweigerung.

Link me

Dieser Artikel wurde zitiert am: 22.06.2005, 28.06.2006

Staatsfeinde und Ehrenprofessoren, Internationalität und Beschaffungskriminalität

Wusstet Ihr schon... (15.06.2005)

...dass es höchste Zeit wird, die Rückforderung für zu Unrecht verlangte Studiengebühren aus den Jahren 1997 bis 1999 zu stellen? Wie das Ministerium verlauten lässt, sind bis Februar 2005 erst 17.227.718 Euro zurückverlangt worden, was bedeutet, dass das Ministerium 19 Millionen Euro illegale Beute hortet und nun hofft, den Zaster mit der Verjährung der Rückzahlungsansprüche am 31.12.2006 komplett einzustreichen. Also: Nichts wie Rückfordern (und sagt euren Bekannten und Verwandten Bescheid).

...dass die "Bildungsgewerkschaft" GEW unsere Kinder gefährden will? Sie hat nämlich während ihres bundesweiten Gewerkschaftstags am 27.4. einstimmig gegen das Berufsverbot für den Heidelberger Nicht-Realschullehrer Michael Csaszkóczy votiert. Csaszkóczy aber war von führenden Autoritäten in Sachen moralischer Niedergang, allen voran Kultusministerin Annette Schavan, zur Abwehr möglicher "extremistische[r] Beeinflussung" aus den Schulen ferngehalten worden. Wir wissen ja spätestens seit Bismarcks Sozialistengesetzen auch alle um die bedrohliche Vaterlandslosigkeit der Gewerkschaften. Gut, dass wenigstens Schavan -- ganz zukunftsorientiert -- das nicht vergessen hat.

...dass es auch in diesem Jahr wieder den Internationalen Ferienkurs für deutsche Sprache und Kultur geben wird? Wie jedes Jahr werden sich etwa 600 Studierende aus aller Welt in Heidelberg einfinden, um auf den Spuren Hegels (und einiger anderer weniger angenehmer Zeitgenossen, die regelmäßig auf den Titelbildern von Gazetten des Typs Spiegel auftauchen) zu wandeln, und für diesen Monat -- vom 27.7. bis zum 26.8. -- brauchen sie eine Bleibe. Wenigstens einer dieser Menschen könnte bei euch unterkommen. Ihr habt sogar etwas davon, denn das Akademische Auslandsamt bezahlt euch eure Miete für diesen Monat. Was gibts zu verlieren? Meldet euch beim Akademischen Auslandsamt.

...dass der Rankingwahnsinn offenbar gar keine Grenzen mehr kennt? Ausgerechnet das Bildungs-Fachblatt Capital und der Überflieger-Softwarekonzern Microsoft haben sich nicht entblödet, 3480 Gymnasien in der BRD zu ranken (na ja, eigentlich nur 575 davon, ach, genau genommen von denen wieder nur 100, aber bei Rankings kommts auf solche Details wirklich nicht mehr an). Bundesweiter Sieger war das Gymnasium in Achern (nahe Offenburg), weil sich dort nur sieben SchülerInnen einen Computer teilen und in jedem Klassenzimmer ein DVD-Player und ein Beamer steht. Excuse us while we puke.

...dass den Plänen für allerlei Lehrtausch zwischen den Unis Heidelberg und Mannheim nicht nur durch die problematischen Beziehungen der Rektoren Unbill droht? Mannheim (bzw. der dortige Senat) möchte nämlich ab WS 06/07 seine Semesterzeiten um sechs Wochen nach vorne verschieben, so dass das Wintersemester grob vom 1.9. bis Weihnachten dauern würde. Als Grund verkündet Mannheim, dieser Schritt erhöhe die internationale Attraktivität der dortigen Studiengänge. Auf der anderen Seite würde so etwas natürlich die von Hommelhoff versprochene Bereitstellung diverser Nebenfächer durch Mannheim zumindest ausgesprochen beeinträchtigen...

...dass den Bologna-Prozess in seinem Lauf weder Ochs noch Esel aufhalten? Das jedenfalls lässt das ernüchternde Fazit, das der fzs nach der Bergen-Konferenz der BildungsministerInnen aus 45 Staaten zieht, ahnen. Angesichts der Parallelität der Ziele des einheitlichen europäischen Hochschulschaums ("Employability") mit denen der EU-Verfassung ist das wohl eine eher schlechte Nachricht.

...dass die Verfassung von Baden-Württemberg dem Ministerpräsidenten das Recht gibt, Ehrenprofessuren zu verleihen? Dieser Ansicht ist zumindest der Staatsminister Stächele, der damit in eine gegenwärtig im Landtag tobende Diskussion eingriff. Dass der Ministerpräsident dieses Recht auch weidlich nutzte, hatte sich schon im März gezeigt, als Staatssekretär Böhmler verlauten ließ, in Baden-Württemberg seien seit 1950 374 Ehrenprofessuren verliehen worden, davon immerhin 4.8% an Frauen. Zu Teufels Zeiten hat der Frauenanteil bei den Ehrenprofessuren aber den der "richtigen" Professorinnen bereits überrundet: Von den 49 Profs aus Teufels Hand waren 6 (also 12.2%) weiblich, während der richtige Lehrbetrieb mit nur 11% Professorinnen auskommt. [Die Heidelberg-Alumna Judith Butler möge uns diese Ausführungen verzeihen, d.S.]

Walter I. Schönlein

Link me

Der Fächertausch zwischen Mannheim und Heidelberg findet vorläufig nicht statt

Gegenwind schafft Richtungswechsel (22.06.2005)

[Bild: Großes Transpi an der Triplex]

Gestern war der große Tag der VolkswirtschaftlerInnen in Heidelberg: Nach Wochen der Unruhe über die Pläne des Rektorats, den kompletten Studiengang nach Mannheim zu verlegen, sollte nun der Senat entscheiden, was zu tun sei. Bereits im Vorfeld hatte eine Kommission hart mit sich und dem Rektorat um eine dem letzteren genehme Lösung gerungen, und doch blieb es bis zuletzt spannend. Wie sehr sich die Lage zugespitzt hatte, wurde deutlich, als der Rektor seinen (vorsichtshalber schon stark zusammengestrichenen) Vorschlag mit der Vertrauensfrage verband; wollte er sicher gehen und sämtlichen Rücktrittsforderungen den Boden entziehen? Oder nur ein bisschen große Politik spielen? Auf jeden Fall hat er zur Kenntnis genommen, dass die Vertrauensbasis gestört ist. Ob sie nicht nur symbolisch wieder hergerichtet ist, wird sich bei den nächsten Schritten zeigen.

Vielleicht der bemerkenswerteste Aspekt am Ergebnis ist, dass es sich der Rektor nicht nehmen ließ, eine Erklärung der Kompromissformel zwischen ihm und dem Senat an den breitest denkbaren Verteiler (sämtliche Studis und MitarbeiterInnen) zu verschicken. Diese Bereitschaft, Transparenz an der Uni zu schaffen und Informationen an die Angehörigen der Uni zu bekommen, wünscht mensch sich in Zukunft öfter, und vielleicht auch schon, bevor vollendete Tatsachen geschaffen werden. Als zusätzlichen Tipp möchten wir noch äußern, dass Hinweise auf die Wahlen zu den Uni-Gremien über einen ähnlichen Verteiler auch nützlich wären und nicht zuletzt eine gewisse Wertschätzung des Rektors für die Reste inneruniversitärer Demokratie dokumentieren würden. Es reicht dann auch eine Textmail mit einem Kilobyte statt eines PDFs mit deren hundert.

Aus Sicht der VWL wichtiger ist aber, dass das AWI weder aufgelöst noch nach Mannheim abgeschoben wird, es soll aber dennoch "umstrukturiert" werden -- unter anderem werden wohl zwei Lehrstühle wegfallen. Eckpunkt für diese Umstrukturierung ist die Einstellung des VWL-Studiengangs bis 2010, bei einem Zulassungsstopp bereits zu diesem Wintersemester. An seine Stelle sollen "interdisziplinär ausgerichtete wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge" treten, deren primärer Rahmen offenbar durch die Profilierung gegenüber der höheren Handelsschule in Mannheim definiert wird. Die genaue Ausgestaltung wird einer "Expertenkommission" überlassen [lies: dem Rektorat sind auf die Schnelle nicht genug Buzzwords eingefallen, und es wird nachher die Ergebnisse dieser Kommission so interpretieren, dass das rauskommt, was ihm passt, d.S.].

Die Nummer mit dem Umzug der Mannheimer Technischen Informatik nach Heidelberg wird ebenfalls abgeblasen. Aus dem Umstand, dass der Rektor an den Zentren für Lehrerbildung festhält, darf wohl allerdings geschlossen werden, dass einige Altlasten aus der Mannheimer Mathe durchaus nach Heidelberg entsorgt werden. Diese Stellen sollen dann nach und nach für die Mathematik wegfallen und in die lehrerbildenden Zentren gehen. Für die hiesige Fakultät für Mathematik und Informatik bedeutet das einen vorübergehenden Zuwachs an Stellen, den sie teuer bezahlt: auf Jahre hinaus wird sie sie wieder abgeben müssen und deshalb keine Neueinstellungen vornehmen können. Genaueres dazu soll (wer hätte es gedacht?) eine weitere Kommission herausfinden.

Insgesamt hat sich der heftige Protest, den zuletzt 800 Studis vor der Senatssitzung am 21.6. äußerten, also offenbar gelohnt, doch von Entwarnung kann angesichts des düster-dummschwätzigen Untertons der Erklärung des Rektors keine Rede sein -- eine Einschätzung, die auch die Fachschaft VWL in ihrer Pressemitteilung zum Thema im Wesentlichen teilt. Insbesondere der rasche Zulassungsstop im Diplomstudiengang -- gesetzlich nötig wäre er erst 2010 -- lässt auch angesichts der Schwierigkeiten der Uni mit den als Ersatz geplanten gestuften Studiengängen Böses ahnen, zumal wirklich nicht ersichtlich ist, welchem Zweck dieser erhöhte Druck auf das Institut dienen soll.

Es sei denn -- ausschließen kann mensch sowas nie --, das Rektorat hätte hektisch zusammengeschusterte Studiengänge von der Praxis zum Prinzip unserer Alma Mater erhoben.

Link me

Dieser Artikel wurde zitiert am: 06.07.2005


Diese Seite darf unter der GNU FDL (auch verändert) weiterverbreitet werden. Näheres in unserem Impressum.

Druckfassung

Erzeugt am 22.06.2005

unimut@stura.uni-heidelberg.de