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UNiMUT aktuell: Praxis tut Not!

Praxis tut Not! (17.01.2003)

Als es eingeführt wurden sollte, rief es großen Unmut hervor: das Schulpraxissemester (SPS). Offensichtlich war, dass es in erster Linie darum ging, Geld zu sparen, denn mit der Einfühung des unbezalten SPS wurde das (bezahlte) Referendariat um ein halbes Jahr verkürzt. Auch, dass es nicht durchdacht war, zeigte sich rasch: kurz nach der Einführung wurde es erst mal wieder abgesetzt.

Doch dann kam es mitsamt einer neuen Prüfungsordnung, letztes Jahr konnten sich die ersten Lehramtsstudierenden anmelden. Bereits im Dezember fand im Café des EWS eine Veranstaltung statt, in der die ersten "Opfer" von ihrem SPS berichteten. Für Menschen, die damals nicht dabei waren, hier ein weiterer Bericht:

Am 11. September des letzten Jahres war es soweit -- ich ging wieder in die Schule. Nur, dass ich plötzlich auf der anderen Seite stand, sollte ich doch als Schulpraxissemesterstudentin (kurz SPS-lerin) meine ersten Erfahrungen als Lehrerin machen.

Nachdem die 13 Wochen an Weihnachten zu Ende gingen, kann ich sagen, dass ich das Schulleben in vielen Facetten kennen gelernt habe: Ich habe viel unterrichtet (30 Stunden sind ja verlangt, was meiner Meinung nach auch kein Problem ist, da auch Teilstunden mitzählen), war bei Elternabenden, Lehrerkonferenzen und natürlich dem Lehrerausflug dabei. Mein Resumee des SPS fällt eigentlich durchweg positiv aus, auch wenn es sehr anstrengend war und ich mich jetzt noch`mal auf die lockere Unizeit freue! Mit abends weggehen wurd's oft leider nix, statt dessen musste ich meine Stunden vorbereiten. Schrecklich auch das frühe Aufstehen. Gut, dafür war ich halt auch oft um zehn oder elf Uhr schon wieder fertig.

Da ich nebenher noch gearbeitet habe, bin ich schon an meine Grenzen gestoßen. Und die Unterreferendare machen halt auch nichts groß anderes und kriegen ganz gut Geld dafür. Da fragt man sich dann schon manchmal -- mmhh, könnte man da nicht???

Ich habe von der fünften bis zur zehnten Klasse unterrichtet, hier kam es auch auf meine Wünsche an. Die Schule und die LehrerInnen, v.a. mein Betreuungslehrer haben natürlich viel dazu beigetragen, dass das SPS für mich so positiv war. Ich habe mich sehr wohl gefühlt. Etwa alle zwei Wochen setzte ich mich mit meinem Betreuungslehrer zusammen und wir besprachen meine Erfahrungen oder irgendwelche Formalia. Zum Teil gab's auch Sitzungen mit allen SPS-lern. Das war mir auch wichtig -- dass ich nicht die einzige SPS-lerin an meiner Schule war.

Klar gab's mal schwierigere Situationen, z. B. ganz alleine in der 10. zu unterrichten ohne den Lehrer hinten drin. Da hatte ich schon ein Problem mit meiner Rolle als Lehrerin, v. a. da die SchülerInnen halt nicht soo viel jünger waren als ich. Aber es hat eigentlich doch gut funktioniert.

Zum Schluss musste ich dann noch einen Praktikumsbericht schreiben -- wie der aussieht, das hängt nach meinen Erfahrungen ziemlich vom Betreuunglehrer ab. Bei mir war das keine große Sache: Über die Wochen hatte sich sowieso etliches an Material angesammelt. Davon hab ich einige Stunden ausgewählt und noch ein Fazit geschrieben.

Ganz am Ende stand dann eine Abschlusssitzung und -- da ich gerade in München bin -- liegt bei mir zu Hause jetzt ein Brief meines Betreuungslehrers, in dem er noch mal sein Fazit zieht. Aber: Es gibt im SPS keine Bewertung, wichtig ist nur die formale Bescheinigung, dass es absolviert wurde. Finde ich im Grunde auch gut so, da kein großer Druck da ist und man erstmal ausprobieren kann. Mein Betreuungslehrer hat mich zweimal im Unterricht besucht und die Stunden danach ausführlich mit mir besprochen, aber es gibt eben keine Note dafür.

Neben der Schule standen ja auch noch vier Fachdidaktik-Sitzungen und drei volle und sechs halbe Tage Pädagogik an. Die Fachdidaktik war z.T. ziemlich unbrauchbar (leherabhängig!), Pädagogik oft etwas abgehoben, aber ich war schon auch froh drum, da es ein guter Platz für Erfahrungsaustausch war.

Ja, also ich finde es gut, dass das SPS eingeführt wurde, weil ich jetzt weiß, worauf ich mich einlasse, wenn ich mich für das Referendariat bzw. das Lehramt entscheide! Und das Moll-Gymnasium in Mannheim kann ich nur empfehlen!

Soweit Annes Bericht. Es überrascht wohl nicht, dass etwas Praxisbezug bereits vor dem ersten Staatsexamen eigentlich eine gute Sache ist -- wäre da nicht der etwas schale Beigeschmack, dass jetzt etwas zur unbezahlten Studienleistung geworden ist, das vorher mal bezahlt war. Und das ist nicht nur eine Frage des Prinzips, denn wer garstige Betreuungslehrer, vielleicht eine Schule in der Provinz mit langen Fahrtzeiten oder auch einfach nur ein Kind hat, mag den offenbar gegenüber einem typischen Studium doch erhöhten Arbeitsaufwand weniger gut mit seiner Existenzsicherung vereinbaren können als Anne.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 10.11.2004


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Erzeugt am 16.01.2003

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