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UNiMUT aktuell: Aufmarsch abgeblasen

Aufmarsch abgeblasen (4.7.98)

Heute (in Wirklichkeit erst in drei Wochen, aber never mind, d.S.) jährt sich der Todestag des Gründers des zweiten deutschen Reichs, Otto Bismarck, zum hundertsten Mal. An sich bräuchte das niemanden zu jucken -- doch viele Rechte beziehen sich durchaus positiv auf den Genius hinter dem Krieg von 71, den Schöpfer von Sozial- und Sozialistengesetzgebung und den Mann, mit dessen Reichsgründung sich Europa direkt auf den Weg in den ersten Weltkrieg begab.

[Image: Punks und Polizei]

So könnte es immer sein: Punks und Polizei Hand in Hand gegen den noch fruchtbaren Schoß.

Und so versuchte eine der Neonaziorganisation "Nationaler Widerstand Karlsruhe" nahestehende Frau, eine Art Geburtstagsdemo in Heidelberg anzumelden, die nach einer Auftaktkundgebung am Bismarckplatz (schlimm genug, dass einer der Verkehrsknotenpunkte Heidelbergs diesen Namen trägt) zum Marktplatz und wieder zurück hätte marschieren sollen. Jedoch: Die Stadt verbot die Demo, da "bei Durchführung dieser Veranstaltung [...] nach den gegenwärtigen [sic] erkennbaren Umstaänden die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet" wäre. Als Beleg führt das Ordnungsamt an, dass bundesweit mobilisiert wurde (zum Beleg wird auf Aufrufe im Netz und von verschiedenen "nationalen Infotelefonen" hingewiesen -- gegenwärtig wird z.B. auf der etwas wirren Widerstand-Seite auf die Veranstaltung hingewiesen) und die Anmelderin bereits u.a. wegen schwerer Körperverletzung und Landfriedensbruch aktenkundig ist. Weiterhin sei aufgrund des Hintergrundes der Anmelderin damit zu rechnen, dass "rechtsextremistisches Gedankengut verbreitet wird und dadurch eine Glorifizierung des NS-Unrechtsstaates erfolgt".

Ebenfalls relevant für die Ablehung war der Umsatnd, dass antifaschistische Gruppen aufgerufen hatten, den Naziaufmarsch zu verhindern. Und wirklich: Gegen zehn Uhr hatten sich wohl gut 200 DemonstrantInnen am Bismarckplatz eingefunden, um die massiv präsente Polizei bei ihrem Vorhaben, die verbotene Kundgebung nicht zuzulassen, zu unterstützen. Beide Gruppen hatten dabei nicht viel Mühe (auch wenn es sich die Polizei nicht hat nehmen lassen, die Personalien einiger "verdächtig aussehnder" Individuen aufzunehmen), denn offenbar hatten die Nazis ihr Vorhaben doch aufgegeben. Als sich auch gegen eins noch keine Anzeichen einer drohenden Zusammenrottung zeigten, gingen DemonstrantInnen wie Polizei allmählich nach Hause. Oder aber zu "Neuenheim swingt" und dem "Schaufenster des Sports", zwei Open-Air-Veranstaltungen auf der Neckarwiese, deren Störung das Ordnungsamt ebenfalls befürchtet hatte.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 25.10.2001


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Erzeugt am 04.07.1998

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