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UNiMUT aktuell: Lehrauftragsvergütung als Lotterie

Welches Schweinderl hättens denn gern?

Lehrauftragsvergütung als Lotterie (24.01.2008)

Die Bezahlung von Arbeitsverhältnissen an der Uni war schon immer ein heikles Thema. Ein Beispiel für Willkür par excellence ist die Vergütung von Lehraufträgen. Einen Lehrauftrag zu haben, bedeutet, dass mensch keine Stelle beziehungsweise kein Arbeitsverhältnis mit der Uni hat, sondern gegen ein geringes Entgelt eine Lehrveranstaltung abhält und sich dafür LehrbeauftragteR nennen darf. In einigen Fächern wird durch derartige - relativ "billige" - Veranstaltungen das reguläre Lehrangebot durch Veranstaltungen mit PraktikerInnen ergänzt, zum Beispiel von DolmetscherInnen, die dann eine Übung zu einem Spezialgebiet, wie Brasilianische Rechtssprache abhalten. In anderen Fächern werden auch Pflichtveranstaltungen, zum Beispiel Sprachkurse, dauerhaft über Lehraufträge finanziert. Solange die Lehrbeauftragten einen festen Job haben, ist das für diese vielleicht noch eine vertretbare Regelung - sobald sie aber davon leben, wird es eigentlich unvertretbar: denn für eine Lehrveranstaltung im Semester (das sind 6 Monate) bekommt mensch standardmäßig 800 Euro.

Dieser Betrag kann nun nach eher komplizierten Richtlinien auch erhöht werden; in der Folge schwankt die Bezahlung an der Uni Heidelberg (zum Teil bei etwa gleicher Arbeitsbelastung) zwischen 700 und 3000 Euro. Glück hat hier, wer es gut erwischt und wem der Zufall wohl gesonnen ist. Ein Chaos freilich, dass sich erst aus dem Maß an Willkür, das den Entscheidungsprozessen dieser Uni allzu oft eigen ist, ergibt. Richtlinien für die Vergütung von Lehraufträgen gibt es seitens des Ministeriums nämlich sehr wohl. Von einer Kenntnis oder gar Auseinandersetzung mit diesen Richtlinien kann indessen oft keine Rede sein. Während an der Ruperto Carola im einen Fachbereich mit Minimalbeträgen1 bei der Vergütung von Lehraufträgen argumentiert wird, wird in anderen Gremien seitens der Lehrenden geäußert, dass mensch von einem Lehrauftrag leben können sollte und daher der größtmögliche Betrag angesetzt.

Zum ersten, zum zweiten, zum dritten!

Zur Durchführung von Lehraufträgen erhalten die Fakultäten vom Rektorat jedes Semester eine feste Summe. Die Vergabeverfahren in den Fakultäten selbst gestalten sich oftmals wenig produktiv: Im kleinen Kreis und meist wenig transparent, wird vergeben, was zu vergeben ist - und das Ergebnis dann anschließend im Fakultätsrat abgenickt. Eine Position dazu, was Lehraufträge überhaupt leisten sollen, schien bisher meistens nicht zu bestehen -- was heute im großen Stil aus Studiengebühren geschieht, geschah früher en miniature mit diesen Mitteln: die größten Lücken im Lehrangebot wurden gestopft bzw. dauerhaft mit diesen Mitteln aufrecht erhalten -- und gezahlt wurde in der Regel so wenig wie möglich. Inzwischen gibt es Studiengebühren und über diese werden auch Lehraufträge vergeben - und da man die Studiengebühren irgendwie ausgeben muss (sonst könnte ja jemand auf die Idee kommen, dass sie zu hoch sind oder die Probleme gar nicht lösen), kann man nun auch die Lehrauftragsvergütung erhöhen. Zumindest machen das einige Fakultäten - wobei hiervon oft die "normalen" Lehraufträge über die Rektoratsmittel nicht betroffen sind.2

Ob eine Grundposition zur Frage, was Lehraufträge nun überhaupt leisten sollen, wahlweise gar nicht besteht, im Geschacher der Verhandlungen untergeht oder die Notwendigkeit, sich mit dieser einmal ernsthaft auseinanderzusetzen gar nicht erst erkannt wird, gestaltet sich von Fall zu Fall verschieden und erlaubt eine "flexible" Argumentation. Flexibel insofern sie sich allzu oft an erster Stelle an den persönlichen Interessen der (wenigen) Beteiligten, die gerade am Verhandlungstisch sitzen, ausrichtet. Nun ist nicht zu erwarten, dass man (wie in der Vergangenheit oft geschehen) im Rahmen rektoraler Vorgaben die Notwendigkeiten aller Fächer der Uni auf einen Nenner bringt, alleine weil Rektorate erfahrungsgemäß die Nöte von Fächern genau dann am wenigstens einschätzen können, wenn sie sich einbilden, allzuviel davon zu wissen. Ein Grundkonsens, der in einer gemeinsamen Diskussion aller Statusgruppen der Uni erarbeitet wird, wäre jedoch in dieser Angelegenheit ausgesprochen wünschenswert. Zum einen würde er der bisherigen Willkür zumindest einen gemeinsamen Willen entgegensetzen, zum zweiten könnte er zum zielorientierten und nachhaltigen Einsatz von Lehraufträgen führen und damit drittens durchaus positive Effekte auf die Verbesserung der Lehre haben - insofern die Angebote koordiniert werden und zum Beispiel geleistete Lehre besser honoriert wird.
Dinge wie etwa den Einsatz von Lehraufträgen zum Abdecken von curricularen Grundlagenveranstaltungen3 (wie etwa Einführungsveranstaltungen, Methodenveranstaltungen etc.) können dabei aus studentischer Perspektive natürlich nur abgelehnt werden, denn derartige Veranstaltungen müssen langfristig aufeinander abgestimmt sowie fortentwickelt werden und einheitlichen Standards genügen. Wenn jedes Semester neue Lehrbeauftragte einen Einführungskurs mit neuen Materialien durchführen, können die Lehrenden der darauf aufbauenden Veranstaltungen ihre Lehre nicht mehr an bereits Vorhandenes anknüpfen. Die punktuelle Bereicherung des Lehrangebots durch eine Erweiterung des angebotenen Themenspektrums hingegen erscheint da schon weit sinnvoller -- insbesondere dann, wenn es sich um Angebote mit Praxisbezug handelt.

Wenn man nicht weiß, wohin mit dem Geld

Um aber auf die Finanzsituation einmal konkret zu sprechen zu kommen: Wie allseits bekannt ist, wissen die meisten Kommissionen der Uni gerade nicht so Recht, wie sie die einkassierten Studiengebühren überhaupt so ausgeben sollen, dass damit die Lehre nachhaltig verbessert wird. Aus genau diesem Grunde ist allerortens gerade eine Menge Geld übrig. Nachdem mittlerweile auch dem Rektorat klar geworden sein dürfte, dass sich die eigentlichen Probleme der Uni durch Studiengebühren nicht beheben lassen, mensch aber vom Kurs des neoliberalen Umbaus der Hochschulfinanzierung um keinen Deut abzuweichen bereit ist (und sei es auch nur durch eine Verringerung der Gebühren oder durch die Rückzahlung eines Teils der Gelder), wurde unlängst die Parole ausgegeben, das Geld möglichst aus dem Fenster zu hauen, wo es nur irgend geht - Hauptsache, es fällt nicht ans Rektorat. Da sich die Finanzierung von Lehraufträgen hierbei in der Öffentlichkeit nun etwas besser verkaufen lässt, als die Subventionierung von Heizkosten oder auch die Renovierung der Neuen Uni, bieten sich Lehraufträge natürlich an. Dass die bisher aus dem Unietat zur Verfügung stehenden Gelder mit Einführung der Gebühren mehr und mehr wegfallen, also zunächst einmal eine Substituierung eines Teils der bisherigen Gelder stattfindet, kann im Kontext der aktuellen Tricksereien niemanden mehr ernsthaft verwundern. Ob sich mit prekären Arbeitsverhältnissen wie Lehraufträgen, von denen sich keineswegs leben lässt, jedoch eine kontinuierliche Verbesserung und nachhaltige Sicherung der Qualität von Lehre erreichen lässt, darf stark bezweifelt werden.

Einige haben bereits einen Ausweg gefunden: statt eines Lehrauftrags stellt man die Person einfach auf einer MitarbeiterInnenstelle ein: statt maximal 3000 Euro kann man so 30.000 Euro raushauen, zwar nicht auf Dauer, doch wer denkt schon an morgen und Stellen sind ein noch weit brisanteres Thema...


1 Das Rektorat zum Beispiel begründet den Minimalbeitrag damit, dass es eine "Ehre" sei, an der Uni Heidelberg einen Lehrauftrag zu erhalten. [Zurück]

2 Diese "normalen" Lehraufträge sind allerdings letztlich auch betroffen, wenn mensch Gleichheit schaffen will. Wenn einem Institut 8 Lehraufträge aus Fakultätsmittel zustehen, die bis vor kurzem generell mit 700 Euro bezahlt wurden, stehen dem Institut nach der Erhöhung auf 1.400 Euro pro Lehrauftrag nur noch 4 aus Fakultätsmitteln zu, so dass automatisch die restlichen 4 aus Studiengebühren substituiert werden - oder wegfallen. [Zurück]

3 So etwa geschehen bei der Lehramtsausbildung: Nachdem die Lehramtsprüfungsordnung geändert wurde, hätte mensch hier für den zusätzlichen Bedarf in der Lehre der Pädagogischen Studien eine komplett neue Professur gebraucht. Diese aber war dem Rektorat zu teuer und so wurden hierfür stattdessen vom Rektorat 6 Semesterwochenstunden Lehraufträge zur "Deckung" des Grundangebots bewilligt. [Zurück]

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Erzeugt am 24.01.2008

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