Der Fächertausch zwischen Mannheim und Heidelberg findet vorläufig nicht statt
Gestern war der große Tag der VolkswirtschaftlerInnen in Heidelberg: Nach Wochen der Unruhe über die Pläne des Rektorats, den kompletten Studiengang nach Mannheim zu verlegen, sollte nun der Senat entscheiden, was zu tun sei. Bereits im Vorfeld hatte eine Kommission hart mit sich und dem Rektorat um eine dem letzteren genehme Lösung gerungen, und doch blieb es bis zuletzt spannend. Wie sehr sich die Lage zugespitzt hatte, wurde deutlich, als der Rektor seinen (vorsichtshalber schon stark zusammengestrichenen) Vorschlag mit der Vertrauensfrage verband; wollte er sicher gehen und sämtlichen Rücktrittsforderungen den Boden entziehen? Oder nur ein bisschen große Politik spielen? Auf jeden Fall hat er zur Kenntnis genommen, dass die Vertrauensbasis gestört ist. Ob sie nicht nur symbolisch wieder hergerichtet ist, wird sich bei den nächsten Schritten zeigen.
Vielleicht der bemerkenswerteste Aspekt am Ergebnis ist, dass es sich der Rektor nicht nehmen ließ, eine Erklärung der Kompromissformel zwischen ihm und dem Senat an den breitest denkbaren Verteiler (sämtliche Studis und MitarbeiterInnen) zu verschicken. Diese Bereitschaft, Transparenz an der Uni zu schaffen und Informationen an die Angehörigen der Uni zu bekommen, wünscht mensch sich in Zukunft öfter, und vielleicht auch schon, bevor vollendete Tatsachen geschaffen werden. Als zusätzlichen Tipp möchten wir noch äußern, dass Hinweise auf die Wahlen zu den Uni-Gremien über einen ähnlichen Verteiler auch nützlich wären und nicht zuletzt eine gewisse Wertschätzung des Rektors für die Reste inneruniversitärer Demokratie dokumentieren würden. Es reicht dann auch eine Textmail mit einem Kilobyte statt eines PDFs mit deren hundert.
Aus Sicht der VWL wichtiger ist aber, dass das AWI weder aufgelöst noch nach Mannheim abgeschoben wird, es soll aber dennoch "umstrukturiert" werden -- unter anderem werden wohl zwei Lehrstühle wegfallen. Eckpunkt für diese Umstrukturierung ist die Einstellung des VWL-Studiengangs bis 2010, bei einem Zulassungsstopp bereits zu diesem Wintersemester. An seine Stelle sollen "interdisziplinär ausgerichtete wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge" treten, deren primärer Rahmen offenbar durch die Profilierung gegenüber der höheren Handelsschule in Mannheim definiert wird. Die genaue Ausgestaltung wird einer "Expertenkommission" überlassen [lies: dem Rektorat sind auf die Schnelle nicht genug Buzzwords eingefallen, und es wird nachher die Ergebnisse dieser Kommission so interpretieren, dass das rauskommt, was ihm passt, d.S.].
Die Nummer mit dem Umzug der Mannheimer Technischen Informatik nach Heidelberg wird ebenfalls abgeblasen. Aus dem Umstand, dass der Rektor an den Zentren für Lehrerbildung festhält, darf wohl allerdings geschlossen werden, dass einige Altlasten aus der Mannheimer Mathe durchaus nach Heidelberg entsorgt werden. Diese Stellen sollen dann nach und nach für die Mathematik wegfallen und in die lehrerbildenden Zentren gehen. Für die hiesige Fakultät für Mathematik und Informatik bedeutet das einen vorübergehenden Zuwachs an Stellen, den sie teuer bezahlt: auf Jahre hinaus wird sie sie wieder abgeben müssen und deshalb keine Neueinstellungen vornehmen können. Genaueres dazu soll (wer hätte es gedacht?) eine weitere Kommission herausfinden.
Insgesamt hat sich der heftige Protest, den zuletzt 800 Studis vor der Senatssitzung am 21.6. äußerten, also offenbar gelohnt, doch von Entwarnung kann angesichts des düster-dummschwätzigen Untertons der Erklärung des Rektors keine Rede sein -- eine Einschätzung, die auch die Fachschaft VWL in ihrer Pressemitteilung zum Thema im Wesentlichen teilt. Insbesondere der rasche Zulassungsstop im Diplomstudiengang -- gesetzlich nötig wäre er erst 2010 -- lässt auch angesichts der Schwierigkeiten der Uni mit den als Ersatz geplanten gestuften Studiengängen Böses ahnen, zumal wirklich nicht ersichtlich ist, welchem Zweck dieser erhöhte Druck auf das Institut dienen soll.
Es sei denn -- ausschließen kann mensch sowas nie --, das Rektorat hätte hektisch zusammengeschusterte Studiengänge von der Praxis zum Prinzip unserer Alma Mater erhoben.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 06.07.2005