SPS an einer beruflichen Schule
Im Folgenden dokumentiert der Unimut einen Bericht aus der Praxis, und zwar aus der Schulpraxis:
Ich habe gerade mein Schulpraxissemester an einer beruflichen Schule absolviert und wurde gebeten, ein paar Worte darüber zu verlieren, wie es mir dort gefällt und welche Erfahrungen ich gemacht habe. Ich, das bin ich, also Sonja [Name von der Redaktion geändert], Studentin der Germanistik und der Geschichte mit einer Semesterzahl, die in diesem Semester den zweistelligen Bereich erreicht hat (ab jetzt höre ich auf zu zählen! *g*), ehemalige Magistra in spe mit Selbstzweifeln, frisch zum Lehramt übergewechselt. Deswegen meine ersten Gedanken, als ich erfahren habe, dass ich an eine berufliche Schule kommen werde: "Mist!" Und zwar "Mist", weil ich mir eigentlich ein Praxissemester im Ausland organisiert hatte, dann aber an der Bürokratie gescheitert war, "Mist" auch, weil ich fürchtete, vom Lehramt abgeschreckt zu werden, kaum dass ich zum Lehramt übergewechselt war. "Mist" schließlich auch, weil meine Schule hinter den sieben Bergen liegt, d.h. ich einen langen Anfahrtsweg habe, eine berufliche Schule mit wirtschaftlichem Schwerpunkt (und hier spielen zugegebenermaßen wohl auch ein paar Vorurteile der Geisteswissenschaftlerin gegen BWL-er und deren Geistesverwandte eine Rolle). Also habe mich mit mäßiger Begeisterung mein Praktikum angetreten.
Jetzt, nach über der Hälfte meines Praktikums, bin ich so weit, dass ich am liebsten überhaupt nicht mehr studieren, sondern direkt an der Schule bleiben würde. Wieso? Ich habe ein überaus nettes und entgegenkommendes "Kollegium" vorgefunden, das aus Menschen mit ganz unterschiedlicher Biographie besteht. Die klassischen "Allgemeinbildner", wie ich einer bin, sind hier in reiner Form eher selten anzutreffen, sehr viele Lehrer haben auch BWL studiert. Außerdem trifft man auf Zahnmediziner und andere Seiteneinsteiger, die ebenfalls an der Schule beschäftigt sind. Damit hat man also sehr interessante Gespräche im Lehrerzimmer und auf den Fluren.
Meine Schüler sind Schüler unterschiedlichster Schularten mit unterschiedlichstem Hintergrund; Hauptschüler, die ihren Realschulabschluss nachmachen wollen, findet man hier genauso wie Oberstufen-Gymnasiasten. Allen gemeinsam ist dies: sie sind mindestens 15 Jahre alt (d.h. haben mindestens den Hauptschulabschluss), außerdem haben sie tendenziell eher weniger Interesse an den Fächern Deutsch und Geschichte, sondern haben einen Schwerpunkt in BWL (wie ja auch irgendwie zu erwarten an einer Schule mit wirtschaftlichem Schwerpunkt).
Kinder, die in ihrer Freizeit Latein lernen und Geige spielen, sucht man hier vergebens, stattdessen findet man eine ganze Reihe Jugendlicher mit Migrationshintergrund. Aaaaber: Meine Schüler sind unheimlich nett, aufgeschlossen und engagiert, sie nehmen dankbar jede Hilfe an, sie freuen sich, mich zu treffen, sie lassen sich vom Unterricht mitreißen, sie behandeln alle Fragen unheimlich ernsthaft, sind aufgeweckt und diskutieren gern, sie freuen sich, wenn man sich mit ihnen beschäftigt, sie ernst nimmt und wertschätzt, sie stehen mit beiden Beinen im Leben und sind lebhaft und neugierig. In dieser kurzen Zeit schon sind sie mir wirklich ans Herz gewachsen.
Ich denke, dass berufliche Schulen dem Praktikanten und dem Lehrer sehr viel mitgeben können. So muss man den Unterricht in verschiedenen Klassen sehr unterschiedlich gestalten, denn ob ich den gleiche Stoff in der gymnasialen Oberstufe oder in der BFW-Klasse (Berufsfachschule Wirtschaft, meine früheren Hauptschüler, jetzt Realschüler) unterrichte, macht einen großen Unterschied. Als Praktikantin wird man also auf jeden Fall methodisch fit.
Und als Lehrer? Die Beruflichen Schulen sind eine sehr durchlässige Schulart, denn es kommt häufig vor, dass ehemalige Hauptschüler das Abitur bestehen. Wenn man seine Schüler von der Hauptschule bis ins Gymnasium fördert und begleitet, wenn man erlebt, wie Jugendliche nach diesem langen Weg am Ende das Abitur bestehen oder wenn die Schüler, die sich oft umsonst beworben haben, auch dank des eigenen Unterrichts schließlich doch eine Ausbildungsstelle finden, dann ist das großartig! Gegenüber meinen Mitpraktikanten an allgemeinbildenden Gymnasien habe ich jetzt den Vorteil, dass ich mit der beruflichen Schule ein Arbeitsfeld kennengelernt habe, das mir nach dem Staatsexamen als Arbeitsplatz offensteht und ich kann meine Entscheidung bewusst treffen. Ich bin unglaublich gerne an "meiner" Schule und würde am liebsten gleich ganz dableiben.
Wenn ich aus meiner bisherigen Erfahrung spreche, kann ich den nächsten Praktikanten insgesamt also raten:
1. Wer sich für ein Praktikum an einer beruflichen Schule anmeldet, macht bestimmt keinen Fehler. Es wäre aber hilfreich, wenn er nicht schüchtern ist und mit der lebendigen Art der meisten Schüler umgehen kann. Wenn man selbst lebhaft und begeisterungsfähig ist, ist das sicher ein Vorteil.
2. Außerdem ist es wichtig, dass man sich auf das Experiment "berufliche Schule" ehrlich einlässt. Wenn man offen ist für alles, was kommt, wird man sicher positiv überrascht sein.
Also liebe nachfolgenden Praktikanten und Praktikantinnen, ich wünsche euch allen viel Spaß! Liebe Grüße! Sonja
Vertraut nicht auf Gerüchte
Das neue Jahr beginnt für die Lehramtsstudierenden mit einer wahren Informationsflut: Infoveranstaltungen und neue Broschüren sollen den Lehramtsstudierenden Einblicke und Ausblicke ermöglichen. Grundsätzlich werden es die Lehramtsstudierenden an der Eliteuni jetzt aber eher schwer haben, denn für viele Fächer sind Lehramtsstudierende Ballast, den man zwar zur Legitimation einiger Professuren braucht, auf den man aber ansonsten nicht weiter eingeht. Zum Beispiel hat die Uni keinen Raum für die Durchführung der regelmäßig jedes Semester zu schreibenden Staatsexamensklausuren - Kongresse, Tagungen und wichtigere Klausuren gehen vor. Zum Glück hatte die PH noch Platz; doch optimistisch stimmt dieser Auftakt der Eliteuni in Sachen Lehramt nicht. Die Infomaterialien und -veranstaltungen kommen jedoch nicht von Stellen, die die Lehramtsstudierenden los werden wollen, sie wollen euch vielmehr als Lehramtsstudierende unterstützen und ernst nehmen.
Bereits jetzt zu haben ist die neueste Publikation des ZLB zum Schulpraxissemester ( SPS ). Die Homepage des ZLB ist übrigens die erste Anlaufstelle für Infos zum Lehramtsstudium. Das 13-wöchige SPS absolvieren Lehramtsstudierende im Laufe des Studiums in einer Schule, es von den staatlichen Seminaren für Didaktik und Lehrerbildung betreut. Die Broschüre des ZLB ist daher mit den Stellen abgeklärt, die für die Durchführung des SPS zuständig sind, als da wären: die Abteilung 7 des Regierungspräsidiums Karlsruhe und die Seminare für Didaktik und Lehrerbildung in Heidelberg (Gymnasien) und Karlsruhe (Berufliche Schulen).
Die Infoveranstaltungen beginnen am 17.01., da informiert die GEW um 17.00 in Hörsaal 4a der Neuen Uni über das Referendariat (oder wie es offiziell heißt: den Vorbereitungsdienst). Für die meisten ist dies zwar noch in weiter Ferne, doch je früher man sich informiert, desto früher kann man sich auf diese wichtige Phase der Lehreramtsausbildung einstellen.
Bevor die Lehramtsstudierenden ins Referendariat gehen, gehen sie aber eben erst einmal ins SPS. Um einen Platz fürs SPS zu erhalten, muss man sich zwischen 15.2. und 15.5. über eine Internetplattform anmelden. Hier müssen Entscheidungen getroffen werden, denn auch Studierende, die später in allgemein bildenden Gymnasien beruflich tätig sein wollen, können das SPS an beruflichen Schulen machen. Aufgrund der beschränkten Zahl an Plätzen an den allgemein bildenden Gymnasien geht es auch oft nicht anders; und dies ist auch nicht immer die zweite Wahl - im Gegenteil, es gibt gute Gründe, sich im SPS an eine berufliche Schule zu bewerben.
Jeweils am Donnerstag, am 17. und 24. Januar, berichten um 18.15 Uhr im Institut für Bildungswissenschaft (IBW, Akademiestr. 3) im Lehramtscafé Studierende von ihren Erfahrungen währen des SPS in Deutschland und im Ausland. Über die Formalitäten und den offiziellen Ablauf des SPS informieren auf Einladung des ZLB am 31.01. Fachleute aus dem Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung sowie AusbildungslehrerInnen von Ausbildungsschulen. Diese Veranstaltung findet auch an einem Donnerstag, 31.01.2008, von 18.00 Uhr s.t. bis ca. 19.45 Uhr in der Neuen Universität, Hörsaal 8, statt.
Verlasst euch nicht auf Gerüchte - informiert euch !!
Die Widerprüche sind unsere Hoffnung!
Am 22.Januar findet um 16 Uhr am Uniplatz eine Demonstration gegen Studiengebühren statt.
Auch wenn Ministerium und Unileitung kontinuierlich versuchen, die öffentliche Meinung zu manipulieren, wissen Studierende mit Einblick in Verteilungsprozesse und Verteilungsskandale: Studiengebühren haben weder die grundlegenden Probleme in der Lehre behoben und zu einer wirklichen Verbesserung derselben geführt, noch werden sie von der breiten Masse der Studierenden akzeptiert. Dass 500 Euro im Semester für jedeN zu schaffen sind, ist für einen Rektor, der im 7er BMW chauffiert wird, leicht zu behaupten. In Wahrheit kennen die meisten Studierenden das Gefühl, wenn es eng wird, wenn zum Semesterende zusätzlich zu Miete, Essen, Büchern, Verwaltungsgebühr und Semesterticket die Studiengebühren den Tropfen darstellen, der das Fass zum Überlaufen bringt, es sei denn, man ist Kind wohlhabender Eltern.
Dass Studiengebühren niemanden von der Aufnahme eines Studiums abschrecken, wird ebenfalls immer wieder frech propagiert, obwohl genau das Gegenteil der Fall ist. So belegt eine Studie des Statistischen Bundesamtes vom Dezember 2007, dass die Studierendenzahlen 2007 gestiegen sind, allerdings nur in den Ländern, in denen es keine Studiengebühren gibt. Aus dem Rückgang der neuimmatrikulierten Studierenden an der Uni Heidelberg um 30% im letzten Semester geht zudem deutlich hervor, dass sie abschreckend, ja selektiv wirken. Der Umstand, dass diese Zahlen von der Universität erst einmal zurückgehalten wurden, verwundert auch nicht weiter. Zum einen ist der zuständige Dezernent für Studium und Lehre ehemaliger Mitarbeiter beim CHE, das die Einführung der Gebühren erst nach und nach herbeigeredet hat und sie nun zu legitimieren versucht, wo es nur geht. Zum anderen scheinen auch dem Rektorat die Gebühren sehr gut ins hochschulpolitische Konzept zu passen. In einem Interview mit der Studierendenzeitung Ruprecht sprach Rektor Eitel von zwei Gruppen, die es an der Uni gäbe: "besser Verdienende" einerseits und "Härtefälle" andererseits. "Härtefall" ist begrifflich als die Ausnahme von der Regel zu verstehen. Ob es Eitel in seiner Amtszeit nun gelingen wird, seinen Traum von der Uni für besser Verdienende durchzusetzen oder auch nicht, allemal klar scheint, dass sowohl Realitätsferne wie Verblendung in Exzellenzzusammenhängen für das Amt des Rektors notwendige Voraussetzung zu sein scheinen.
Wie Brecht schon sagte: "Die Widersprüche sind unsere Hoffnung". Die Prekarisierung wissenschaftlicher Arbeitsverhältnisse wird sicherlich für eine kurze Zeit Abhilfe schaffen - auf Dauer wird sie die grundlegenden Probleme nicht beheben, sondern eher noch verschärfen. Auch wird sich eine ernsthafte Verbesserung der Lehre nicht daraus ergeben, dass wahllos jede Veranstaltung mit einem Tutorium versorgt wird, dass das auffangen soll, was mangels didaktischer Kompetenz in der eigentlichen Veranstaltung nicht vermittelt wird. Ebenso wenig werden miserabel bezahlte und selbst besser bezahlte Lehraufträge eine kontinuierliche Arbeit gewährleisten können und damit die Aufgaben der in den letzten Jahren gekürzten Mittelbaustellen fortführen können. Die Einführung eines Bachelorstudiums für die Massen und eines wissenschaftlichen Masterstudiums für einige wenige sollte ihr Übriges tun. Doch schon jetzt brodelt es zwischen den Bänken in den Hörsälen, der Unmut der Studierenden ist groß. Nun muss es Ziel sein, diesem Ausdruck zu geben und damit eine Änderung herbeizuführen, anstatt in Resignation und Kommissionsarbeit zu versinken. Da die (nicht öffentlich tagenden) Gremien der Universität nur wenigen Studierenden die Chance zur Meinungsäußerung geben und auch entpolitisierte Jubelblätter wie etwa der Unispiegel oder das Journal dazu keine Möglichkeit vorsehen, bleibt als weitere Möglichkeit die Straße.
Der AK Studiengebühren der FSK lädt daher am 22. Januar 2008 um 16 Uhr alle Studierenden recht herzlich zur Demonstration auf dem Uniplatz ein und ruft dazu auf, die Gebühren auf das Boykottkonto einzuzahlen. Im Anschluss an die Demo (ca.18.30 Uhr) wird es noch eine Podiumsdiskussion über Studiengebühren im Hörsaal 7 der Neuen Uni geben.
Welches Schweinderl hättens denn gern?
Die Bezahlung von Arbeitsverhältnissen an der Uni war schon immer ein heikles Thema. Ein Beispiel für Willkür par excellence ist die Vergütung von Lehraufträgen. Einen Lehrauftrag zu haben, bedeutet, dass mensch keine Stelle beziehungsweise kein Arbeitsverhältnis mit der Uni hat, sondern gegen ein geringes Entgelt eine Lehrveranstaltung abhält und sich dafür LehrbeauftragteR nennen darf. In einigen Fächern wird durch derartige - relativ "billige" - Veranstaltungen das reguläre Lehrangebot durch Veranstaltungen mit PraktikerInnen ergänzt, zum Beispiel von DolmetscherInnen, die dann eine Übung zu einem Spezialgebiet, wie Brasilianische Rechtssprache abhalten. In anderen Fächern werden auch Pflichtveranstaltungen, zum Beispiel Sprachkurse, dauerhaft über Lehraufträge finanziert. Solange die Lehrbeauftragten einen festen Job haben, ist das für diese vielleicht noch eine vertretbare Regelung - sobald sie aber davon leben, wird es eigentlich unvertretbar: denn für eine Lehrveranstaltung im Semester (das sind 6 Monate) bekommt mensch standardmäßig 800 Euro.
Dieser Betrag kann nun nach eher komplizierten Richtlinien auch erhöht werden; in der Folge schwankt die Bezahlung an der Uni Heidelberg (zum Teil bei etwa gleicher Arbeitsbelastung) zwischen 700 und 3000 Euro. Glück hat hier, wer es gut erwischt und wem der Zufall wohl gesonnen ist. Ein Chaos freilich, dass sich erst aus dem Maß an Willkür, das den Entscheidungsprozessen dieser Uni allzu oft eigen ist, ergibt. Richtlinien für die Vergütung von Lehraufträgen gibt es seitens des Ministeriums nämlich sehr wohl. Von einer Kenntnis oder gar Auseinandersetzung mit diesen Richtlinien kann indessen oft keine Rede sein. Während an der Ruperto Carola im einen Fachbereich mit Minimalbeträgen1 bei der Vergütung von Lehraufträgen argumentiert wird, wird in anderen Gremien seitens der Lehrenden geäußert, dass mensch von einem Lehrauftrag leben können sollte und daher der größtmögliche Betrag angesetzt.
Zur Durchführung von Lehraufträgen erhalten die Fakultäten vom Rektorat jedes Semester eine feste Summe. Die Vergabeverfahren in den Fakultäten selbst gestalten sich oftmals wenig produktiv: Im kleinen Kreis und meist wenig transparent, wird vergeben, was zu vergeben ist - und das Ergebnis dann anschließend im Fakultätsrat abgenickt. Eine Position dazu, was Lehraufträge überhaupt leisten sollen, schien bisher meistens nicht zu bestehen -- was heute im großen Stil aus Studiengebühren geschieht, geschah früher en miniature mit diesen Mitteln: die größten Lücken im Lehrangebot wurden gestopft bzw. dauerhaft mit diesen Mitteln aufrecht erhalten -- und gezahlt wurde in der Regel so wenig wie möglich. Inzwischen gibt es Studiengebühren und über diese werden auch Lehraufträge vergeben - und da man die Studiengebühren irgendwie ausgeben muss (sonst könnte ja jemand auf die Idee kommen, dass sie zu hoch sind oder die Probleme gar nicht lösen), kann man nun auch die Lehrauftragsvergütung erhöhen. Zumindest machen das einige Fakultäten - wobei hiervon oft die "normalen" Lehraufträge über die Rektoratsmittel nicht betroffen sind.2
Ob eine Grundposition zur Frage, was Lehraufträge nun überhaupt leisten sollen, wahlweise gar nicht besteht, im Geschacher der Verhandlungen untergeht oder die Notwendigkeit, sich mit dieser einmal ernsthaft auseinanderzusetzen gar nicht erst erkannt wird, gestaltet sich von Fall zu Fall verschieden und erlaubt eine "flexible" Argumentation. Flexibel insofern sie sich allzu oft an erster Stelle an den persönlichen Interessen der (wenigen) Beteiligten, die gerade am Verhandlungstisch sitzen, ausrichtet. Nun ist nicht zu erwarten, dass man (wie in der Vergangenheit oft geschehen) im Rahmen rektoraler Vorgaben die Notwendigkeiten aller Fächer der Uni auf einen Nenner bringt, alleine weil Rektorate erfahrungsgemäß die Nöte von Fächern genau dann am wenigstens einschätzen können, wenn sie sich einbilden, allzuviel davon zu wissen. Ein Grundkonsens, der in einer gemeinsamen Diskussion aller Statusgruppen der Uni erarbeitet wird, wäre jedoch in dieser Angelegenheit ausgesprochen wünschenswert. Zum einen würde er der bisherigen Willkür zumindest einen gemeinsamen Willen entgegensetzen, zum zweiten könnte er zum zielorientierten und nachhaltigen Einsatz von Lehraufträgen führen und damit drittens durchaus positive Effekte auf die Verbesserung der Lehre haben - insofern die Angebote koordiniert werden und zum Beispiel geleistete Lehre besser honoriert wird.
Dinge wie etwa den Einsatz von Lehraufträgen zum Abdecken von curricularen Grundlagenveranstaltungen3 (wie etwa Einführungsveranstaltungen, Methodenveranstaltungen etc.) können dabei aus studentischer Perspektive natürlich nur abgelehnt werden, denn derartige Veranstaltungen müssen langfristig aufeinander abgestimmt sowie fortentwickelt werden und einheitlichen Standards genügen. Wenn jedes Semester neue Lehrbeauftragte einen Einführungskurs mit neuen Materialien durchführen, können die Lehrenden der darauf aufbauenden Veranstaltungen ihre Lehre nicht mehr an bereits Vorhandenes anknüpfen. Die punktuelle Bereicherung des Lehrangebots durch eine Erweiterung des angebotenen Themenspektrums hingegen erscheint da schon weit sinnvoller -- insbesondere dann, wenn es sich um Angebote mit Praxisbezug handelt.
Um aber auf die Finanzsituation einmal konkret zu sprechen zu kommen: Wie allseits bekannt ist, wissen die meisten Kommissionen der Uni gerade nicht so Recht, wie sie die einkassierten Studiengebühren überhaupt so ausgeben sollen, dass damit die Lehre nachhaltig verbessert wird. Aus genau diesem Grunde ist allerortens gerade eine Menge Geld übrig. Nachdem mittlerweile auch dem Rektorat klar geworden sein dürfte, dass sich die eigentlichen Probleme der Uni durch Studiengebühren nicht beheben lassen, mensch aber vom Kurs des neoliberalen Umbaus der Hochschulfinanzierung um keinen Deut abzuweichen bereit ist (und sei es auch nur durch eine Verringerung der Gebühren oder durch die Rückzahlung eines Teils der Gelder), wurde unlängst die Parole ausgegeben, das Geld möglichst aus dem Fenster zu hauen, wo es nur irgend geht - Hauptsache, es fällt nicht ans Rektorat. Da sich die Finanzierung von Lehraufträgen hierbei in der Öffentlichkeit nun etwas besser verkaufen lässt, als die Subventionierung von Heizkosten oder auch die Renovierung der Neuen Uni, bieten sich Lehraufträge natürlich an. Dass die bisher aus dem Unietat zur Verfügung stehenden Gelder mit Einführung der Gebühren mehr und mehr wegfallen, also zunächst einmal eine Substituierung eines Teils der bisherigen Gelder stattfindet, kann im Kontext der aktuellen Tricksereien niemanden mehr ernsthaft verwundern. Ob sich mit prekären Arbeitsverhältnissen wie Lehraufträgen, von denen sich keineswegs leben lässt, jedoch eine kontinuierliche Verbesserung und nachhaltige Sicherung der Qualität von Lehre erreichen lässt, darf stark bezweifelt werden.
Einige haben bereits einen Ausweg gefunden: statt eines Lehrauftrags stellt man die Person einfach auf einer MitarbeiterInnenstelle ein: statt maximal 3000 Euro kann man so 30.000 Euro raushauen, zwar nicht auf Dauer, doch wer denkt schon an morgen und Stellen sind ein noch weit brisanteres Thema...
1 Das Rektorat zum Beispiel begründet den Minimalbeitrag damit, dass es eine "Ehre" sei, an der Uni Heidelberg einen Lehrauftrag zu erhalten. [Zurück]
2 Diese "normalen" Lehraufträge sind allerdings letztlich auch betroffen, wenn mensch Gleichheit schaffen will. Wenn einem Institut 8 Lehraufträge aus Fakultätsmittel zustehen, die bis vor kurzem generell mit 700 Euro bezahlt wurden, stehen dem Institut nach der Erhöhung auf 1.400 Euro pro Lehrauftrag nur noch 4 aus Fakultätsmitteln zu, so dass automatisch die restlichen 4 aus Studiengebühren substituiert werden - oder wegfallen. [Zurück]
3 So etwa geschehen bei der Lehramtsausbildung: Nachdem die Lehramtsprüfungsordnung geändert wurde, hätte mensch hier für den zusätzlichen Bedarf in der Lehre der Pädagogischen Studien eine komplett neue Professur gebraucht. Diese aber war dem Rektorat zu teuer und so wurden hierfür stattdessen vom Rektorat 6 Semesterwochenstunden Lehraufträge zur "Deckung" des Grundangebots bewilligt. [Zurück]