Oettinger, Brain Up, Faked Clones und die Nazis
...dass Leute, die gerne kräftig an alle austeilen, die sie für "nicht-arisch" oder "links" halten, manchmal ihre Probleme beim Einstecken haben? Einer dieser Leute heißt MXXXXXXX MXXXXX [Update Dez 2019: der Kläger hat gefordert, seinen Namen hier nicht mehr lesen zu müssen, und wenn er sich inzwischen schämt, Nazi gewesen zu sein, solls an uns nicht liegen], ehemals bei der Burschenschaft Normannia, Mitmarschierender bei Naziaufmärschen, von der sächsischen NPD geschult und Kläger in einem Prozess, der am 9.1. vor dem Heidelberger Amtsgericht stattfand. Angeklagter war ein lokaler Antifaschist, der bei einer nächtlichen Durchsuchung durch die Polizei ein paar Plakate in der Tasche gehabt hatte, auf denen eben jener MXXXXXXX MXXXXX als Nazi geoutet wurde. Irgendwie hatte MXXXXX wohl von diesem Fund erfahren und wegen "Verleumdung" (sc. als Nazi) geklagt. Die Richterin konnte nach diversen Einlassungen des Klägers von Verleumdung keine Spur finden -- offenbar darf MXXXXX damit als Nazi bezeichnet werden --, wollte aber auch den Antifaschisten nicht freisprechen (wo kämen wir hin, wenn jedeR in der Nacht mit Plakaten rumlaufen dürfte) und fand schließlich, dass eines der Bilder auf dem Plakat (es zeigte MXXXXX im Kreise der Lieben auf einem Naziaufmarsch in Lampertheim am 1.5.2005) MXXXXXX Recht am eigenen Bild verletze. Das war der Richterin dann genug, um den Antifaschisten zu 150 Euro Bußgeld plus einer Strafe von 20 Tagessätzen auf Bewährung zu verurteilen. Das Plakat selbst übrigens konnten wir nur noch im Zustand oben ablichten, das zugehörige Flugblatt konnten wir noch an einer verstecken Stelle finden.
...dass nichts mehr heilig ist? Die Große (großgeschrieben!) Universitätsmedaille wurde nämlich an einen Nichthabilitierten vergeben, ja, an einen Nichtpromovierten, und noch dazu an einen, der der Uni nicht edel dicke Eurobündel rübergeschoben hat. Der Empfänger ist Gerd Apfel, der zu allem Überfluss als langjähriger Vorsitzender des Personalrats der Uni Heidelberg eigentlich im Dauerclinch mit dem Rektorat lag. Um so erstaunlicher also, dass die Ehrung hier mal einen Würdigen trifft, zumal Apfel im Zusammenhang mit Parkraumbewirtschaftung und Jobticket sogar noch von den Teilen der Belegschaft attackiert worden ist, die sich offenbar nicht um fehlende Tarifverträge, fallende Entlohnung und beliebig steigende Arbeitsnormen kümmern, dafür aber dringend von Kirchheim mit dem Auto an die Uni fahren müssen.
...dass die Uni Heidelberg 7.4 Millionen Euro pro Jahr durch Spenden einimmt? Wirklich stimmen muss das nicht, denn die Zahl wird vom CHE angegeben, und das ist keine gute Quelle. Dennoch: Wie wärs, wenn das Rektorat mal guten Willen zeigte und wenigstens dieses Geld unter die Kontrolle von Studierenden und damit (wahrscheinlich) in die Lehre steckte?
...dass die Uni Heidelberg mittlerweile ein "Auditorium Maximum" hat? Wir auch nicht. Das Rektorat allerdings hat "anlässlich der Eröffnung des Interdisziplinären Forums für Biomedizin und Kulturwissenschaften" am 2.2. zu einem "Festakt" in, ja, das "Auditorium Maximum" geladen. Wir vermuten, dass es die Aula der Neuen Universität gemeint hat. Stillschweigende Umbenennungen kennt mensch ja an der Uni Heidelberg spätestens seit der Neusprechisierung des CA.
...dass von Südkorea lernen siegen lernen heißt? Das jedenfalls meint das BMBF, das mit einem Programm unter anderem "Experten für die deutsche Forschung in prioritären Forschungs- und Technologiegebieten" aus Südkorea gewinnen will. Wenn damit mal nicht Oberkloner Woo-Suk Hwang gemeint ist...
...dass das ZSW nicht nur immer noch keine Mails verschicken kann, sondern auch massive Probleme mit der Realität hat? In der jüngsten Ausgabe ihres breitest gestreuten Newsletters nämlich deklarieren sie immer noch das Encoding falsch, und sie behaupten darin, Heidelberg habe "die erste Runde im Exzellenzwettbewerb gewonnen". Tatsache ist hingegen, dass Heidelberg zusammen mit etlichen anderen Unis aufgefordert wurde, noch mehr Papier für die Erben von Brain Up! zu produzieren. Von Gewinn kann also wirklich keine Rede sein, und zwar noch nicht mal dann, wenn mensch für einen Moment glauben würde, die paar Kröten aus der Exzellenzinitiative, zumal in den Händen von Leuten, die Anträge für "Brain Up!" schreiben, könnten irgendeinen positiven Effekt entfalten.
...dass es bald wieder heißen könnte: "Geh doch nach drüben!"? Laut Tagesspiegel vom 24.2.06 hat Ministerpräsident Oettinger dies auf dem Kongress Hochschule 2012 am 8.2. in Stuttgart erklärt. Grund ist, dass die Zahl der Studierenden in Deutschland nach einer KMK-Prognose in den nächsten Jahren von jetzt 1,9 auf 2,7 Millionen steigen wird, Oettinger aber in Baden-Württemberg mit einem überproportional hohen Andrang ausgeht, vor allem aus dem Osten Deutschlands. Um die hiesigen Hörsäle zu entlasten und "drüben" nun leere Hörsäle zu verhindern, sollten Studierende aus Baden-Württemberg für zwei Semester beispielsweise nach Sachsen geschickt werden. Das Land werde Sachsen die Kosten für diese Studienplätze überweisen. Wegen der nötigen langfristigen Vorbereitungen müssten die Entscheidungen bereits im Doppelhaushalt 2007/2008 ihren Niederschlag finden -- was auch immer das heißen mag.
...dass an der Uni bald alles mit rechten Dingen zugehen könnte? Das glaubt zumindest die Redaktionn, denn der Senat der Uni wird in seiner nächsten Sitzung eine Kommission für Kommunikations- und Loyalitätsfragen einrichten. Was genau der Auftrag der Kommission ist, konnte die Redaktion noch nicht in Erfahrung bringen.
Walter I. Schönlein
Der SAL hat die Tutorienmittel neu verteilt
Nachdem der SAL im Januar die Hälfte der Tutorienmittel zu Neuverteilung freigegeben hatte, kam er nun wieder zusammen um über die Mittelverteilung für die beiden kommenden Semester zu beschließen.
Dass dieses Mal alle Institute angeschrieben wurden, blieb nicht ganz ohne Wirkung: es kamen reichlich Anträge rein. So reichlich, dass die beantragten Mittel dreimal so hoch waren wie der zur Verfügung stehenden Betrag.
Um einem Hauen und Stechen vorzubeugen, setzen sich die studentischen Mitglieder des SAL bis in die frühen Morgenstunden mit den fast 70 Anträgen auseinander. Grundlage für den von ihnen entwickelten Verteilungsmodus waren folgende Kriterien:
Selbst nach dem Ansetzen dieser harten Kriterien konnte nicht verhindert werden, dass der Topf durch die vorliegenden Anträge weiterhin um ein Vielfaches überzogen wurde.
So musste sie die Anträge nochmals bearbeiten und den virtuellen Rotstift noch einmal schwingen lassen. Eine merkwürdige Position für studentische Vertreter. Doch nach diesem Vorgehen gab es einen abstimmungsfähigen Vorschlag.
In der Sitzung konnte dann ein Vorschlag präsentiert werden, der die auszugebende Summe nicht überstieg und die Beschlussfassung des SAL erleichterte -- ja in gewisser Weise erst ermöglichte. Denn vor der Sitzung war vor allem eines klar: es würde spannend werden, wie man das Antragsvolumen auf das Bewilligungsvolumen zurecht stutzen konnte. Diese Spannung war am Anfang der Sitzung deutlich spürbar, verstärkt dadurch, dass wie immer unter Termin- und Zeitdruck gearbeitet werden musste. Ganz unüblich war jedoch die mehr als vollständige Anwesenheit aller SAL-Mitglieder. [Vermutlich hatten sie alle einen Antrag ihres Faches im Blick, den sie durchboxen wollten. A. d. Red.] So kuschelig war es lange nicht mehr gewesen. Nach Kuscheln war es den Anwesenden trotzdem nicht zumute, es wurden eher Zähne gezeigt.In einem ersten Durchgang wurden ein paar Anträge aussortiert, welche den Kriterien des Gremiums nicht entsprachen. Aber auch so manch einer, der sich an der definierten Grenze bewegte, aber keine Lobby im Ausschuss hatte, die ihn verteidigte.
Dann kam die zweite Runde. Nun musste über die Höhe der zugesagten Anträge diskutiert und gleich auch entschieden werden. Sobald ein Antrag durchdiskutiert war, stand die Summe fest. Bei jedem Antrag wurden zunächst die Argumente für und wider einer bestimmten Bewilligungshöhe diskutiert, dann die Anzahl der zu bewilligenden Tutorien festgelegt und daraus die Endsumme berechnet.
Nachdem der größte Knochen vom Tisch war, kippte wie durch ein Wunder die Stimmung. Zuerst störte man sich an Centbeträgen, die sich durch den Verteilungsschlüssel ergaben, und fing an die Beträge zu runden. Dann wurden die Rundungen so auf die Spitze getrieben, dass so runde Zahlen entstanden, dass diese in keiner Relation mehr zu den Gehältern für die berechneten Tutorien stehen. So manch ein Institut dürfte sich nun über die bewilligte Summe wundern und sie nicht bis zum letzten Cent ausgeben können. Wenn sie denn schon Bescheid wüssten, was sie bekommen...
Gegen Ende brach der Damm der Seriosität und ein Hauch orientalischen Basars machte sich breit. Eine Zahl wurde in die Mitte geworfen. Wer bietet mehr? Hat jemand was dagegen? Keine Gegenstimmen? Alles klar, gebongt! Wo zuvor der Rotstift mit starken Argumenten gerechtfertigt werden musste und danach noch einer Abstimmung unterlag, wurde dieser nun viel leichter gezückt.
Als die Anträge bis zum Ende abgearbeitet waren, hatte man noch so viel Geld im Topf, dass so manche einer sich die Spendierhosen anzog und ein Plädoyer für so manch ein Fach hielt, welches zuvor nicht so gut davongekommen war, oder sogar überhaupt nicht berücksicht worden war. Es erübrigt sich fast zu sagen, dass nur jene Fächer von dieser euphorischen Schlussausschüttung profitieren konnten, welche einen sich wohlgesonnenen Advokaten im Gremium haben.
Wie gut es sich doch anfühlt, mit großen Summen umzugehen als seien sie Peanuts und gleichzeitig mit wenigen Worten Peanuts beiseite zu kehren, die für mach ein kleines Fach zukunftweisend gewesen wären, zeigte sich in den zufriedenen Gesichtern der Mitglieder, als die Sitzung dann zu Ende war. Ma' hat ja auch richtig was geschafft! Und das in nur zwei Stunden!
Dieser Artikel wurde zitiert am: 31.03.2006
Premierenkritik
Zum Inhalt: Puccinis Oper, welche auf dem gleichnamigen Märchen des Venezianers Carlo Gozzi basiert, erzählt die Geschichte der zunächst grausamen Prinzessin Turandot, welche jedem ihrer Freier drei Rätsel aufgibt, die er zu lösen hat, um Ihre Hand zu erringen. Scheitert er, so muss er sein Leben lassen. Auch der junge Prinz Calef, Sohn des enttrohnten Tatarenkönigs Timur ist nach seiner ersten Begegnung mit der schönen Prinzessin so hingerissen, dass alle Beschwörungen seines Vaters und der heimlich in ihn verliebten Sklavin Liu ihn nicht davon abhalten können, sich Turandots Rätseln zu stellen. Als er sie wider Turandots Erwarten lösen kann, versucht Sie vergeblich, Ihren Vater, den Kaiser zur Nichteinlösung des Hochzeitsversprechens zu bewegen. Calaf erkennt, dass er Turandots Liebe nicht erzwingen kann und stellt Ihr seinerseits ein Rätsel: Kennt Sie bis zum Morgengrauen seinen wahren Namen, so wird er sterben.
Turandot nimmt die Herausforderung an. Noch in der Nacht werden Timur und Liu zu Ihr gebracht, da sie gemeinsam mit dem Fremden gesehen wurden. Um Ihren greisen Herrn zu schützen, sagt Liu aus, dass nur sie alleine den Namen kenne. Um jedoch ihre heimliche Liebe Calef nicht verraten zu müssen, ersticht sie sich mit einem Dolch. Gerührt von dieser Tat überwindet Turandot endlich Ihren Stolz und Trotz und gesteht Calef ihre Liebe. Dieser verrät Ihr nun freiwillig seinen Namen und stellt Ihre Liebe damit ein letztes Mal auf die Probe. Am nächsten Morgen tritt Turandot vor die Volksmenge und verkündet; "Il suo nome è... Amor! "
Zur Inszenierung: Puccinis Turandot im Mannheimer Nationaltheater verzichtet als konzertante Inszenierung auf Bühnenbild, Kostüme sowie auf schauspielerische Elemente. Gerade das macht den Reiz dieser Inszenierung aus. Es ist dem Gast möglich, sich ganz auf den Gesang respektive die Musik zu konzentrieren. Das Erste, was auffiel, war die ungeheure Kraft und Dynamik, mit der Orchester und Chöre (Opernchor, Extrachor und Kinderchor des Nationaltheaters) unter der Leitung von Axel Kober Puccinis Partitur umsetzten. Auf dieser großartigen Basis gaben die Sänger allesamt eine sensationelle Vorstellung ab. Herrausragend war sicherlich Cornelia Ptassek in der Rolle der Liu. Ptasseks Liu war nicht nur kraftvoll im Ton; Ihr Vortrag war unglaublich ausdrucksstark und machte die Nebenrolle der Liu zum eigentlichen Star des Abends.
Ebenfalls hervorragend war Mihail Agafonov als Calef, wenngleich ihm leider gerade in der bekanntesten und vielen Meinungen nach schönsten Arie der Oper "Nessun dorma" ein wenig Kraft und Leidenschaft fehlte. Die Rolle der Turandot wurde von Caroline Whisnant verkörpert, deren sehr guter Vortrag zwar voller Energie und der zu Turandot gehörenden kalten Schärfe war, die aber durch ein gerade in den Höhen überstarkes Vibrato zeitweise zu dramatisch klang. In den Nebenrollen sangen, ebenfalls bemerkenswert, Mihail Mihaylovs als Timur, Thomas Berau als Ping, Oskar Pürgstaller als Pang, Uwe Eikötter als Pong sowie Peter Parsch als Mandarin.
Das Rektorat will eine Loyalitätskommission und versucht sich an Einschüchterung
Elite ist, wenn mensch (a) sich wie Elite fühlt und (b) alle anderen das eigene Gefühl teilen. An beiden Sorten von Gefühl kratzt die Realität, insbesondere, wenn sie im besten Fall von Hartleibigkeit, im schlimmsten Fall von offensichtlichem Gemurkse geprägt ist. Es sei denn, niemand nimmt diese Realität wahr.
So oder ähnlich müssen die Gedanken des Rektorats gewesen sein, als es seine jüngste Kampagne gestartet hat. Ein Teil dieser Kampagne ist eine neue Kommission für "Kommunikations- und Loyalitätsfragen", die sich allem Anschein nach damit beschäftigen soll, was einE MitarbeiterIn oder StudentIn der Uni Heidelberg in der Öffentlichkeit so alles aus dem Nähkästchen plaudern darf -- oder eben nicht. Auf seiner nächsten Sitzung dürfte der Senat die Einrichtung dieser Kommission abnicken. Auf ihr Arbeitsprogramm sind wir jetzt schon neugierig.
In den Zusammenhang einer solchen Kampagne ist wohl auch ein Brief zu stellen, der dem UNiMUT aus der Rechtsabteilung der Universität zugegangen ist und der sich über einige unserer Artikel beschwert. So gegenstandslos die Anwürfe im Einzelnen sind, so bemerkenswert ist dann doch die Ankündigung, unsere Artikel "auf ihre strafrechtliche Bedeutung hin überprüfen und ggfls. entsprechende Schritte einleiten" zu wollen.
Natürlich ist kaum damit zu rechnen, dass das Rektorat ein PR-Desaster Marke "Maulkorb für Studiblättchen" riskieren wird, und natürlich müsste man den Gerichtsstand auch in Zeiten von Ottokatalogen und Vorratsdatenspeicherung schon nach Weißrussland verlegen, um (aus Sicht des Rektorats) aussichtsreich prozessieren zu können -- aber trotzdem: Ein solcher Einschüchterungsversuch ist in sich schon sehr sprechend.
Und hier mal wieder die kostenlose Politikberatung der UNiMUT-Redaktion: Liebes Rektorat, wenn ihr "loyale" Studis und MitarbeiterInnen haben wollt, gebt ihnen Grund für Loyalität. Das heißt -- executive style, i.e. itemized list --:
Hören wir ein Danke für diese Hinweise? Immerhin: Die Kommission hätte euch wieder ein paar tausend Euro gekostet.
Nachtrag (22.3.2006): Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Weit entferrnt von allem Abnicken fand wohl auch der Senat, dass eine Kommission mit so einem Titel verdächtig ist. Jedenfalls hat er in seiner Sitzung am Dienstag beschlossen, zur nächsten Sitzung einen Vertreter des Unirats vorzuladen, der darlegen soll, weshalb der Senat Loyalitätsrichtlinien nötig haben soll.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 05.04.2006, 28.06.2006, 12.02.2007
Quidquid delirant reges, plectuntur Achivi
Dass es mit studentischer Mitbestimmung in Organisationsstrukturen baden-württembergischer Universitäten nicht sonderlich weit her ist, untergräbt nicht nur die politische Legitimation universitärer Entscheidungsprozesse, sondern führt bisweilen auch zu bizarren Erscheinungen. Wie etwa jüngst in der Germanistik.
Da die Neuphilologische Fakultät lediglich eine Studienkommission für gut 20 Fächer beschäftigt1, wurde die -- an den SAL zu stellende -- Beantragung von Tutoriengeldern hier direkt an die Institute ausgelagert. Was als Arbeitsentlastung daherkam, sollte sich als fatale Entscheidung herausstellen. Mangels verankerter studentischer Mitbestimmungsmöglichkeiten auf Institutsebene2 breiteten sich erst Wochen später Informationen darüber aus, was passiert war: Nichts. Nichts war passiert, eine sachgerechte Beantragung von Tutoriengeldern für die Einführung ins Mittelhochdeutsche lag dem SAL nicht fristgerecht vor, Rückkopplungsmechanismen gab es nicht und so war nichts mehr zu machen. Die Studierenden müssen nun hingegen viel machen, denn es gibt kein Geld für auch nur ein einziges Tutorium in der Mediaevistik.
In Anbetracht der Tatsache, dass die Einführungsveranstaltung Teil der OP ist, eine durchaus befremdliche Situation. Die Heidelberger Germanistik ist eine der letzten Universitäten, die das Banner der Mediaevistik noch hochzuhalten sucht -- und zwar so hoch, dass möglichst viele nicht darüber hinweg kommen. Fürs kommende Semester gilt nun erstmals: die Mediaevistik steht mit heruntergelassenen Hosen da. Ob ihr die Neuphilologische Fakultät wohl ein paar Feigenblätter bereit hält?
Fazit: Eine stärkere Einbindung der Studierenden stünde den inneruniversitären Entscheidungsstrukturen nicht schlecht an. Sie würde diese nicht nur demokratischer, sondern auch weniger chaotisch machen. Ziemlich sicher wäre ein solches Fiasko in Zukunft dann weniger wahrscheinlich. Momentan allerdings sind dies nur Zukunftsträume. Die sich immer wieder ergebenden Versäumnisse scheinen der sich aus strukturellen Relikten der Ordinarienuniversität ergebenden berufsständischen Ordnung geradezu inhärent zu sein. Anstatt jedoch die Defizite dieser Strukturen zu erkennen und sie zum Zwecke einer effektiven Verwaltbarkeit der Universität oder gar um der besseren Lehre willen zu demokratisieren, erhebt mensch Gebühren und bedient sich ansonsten für die Behebung der Miseren einstweilen kostenlos bei Horaz: quidquid delirant reges, plectuntur Achivi.
1 Zum Vergleich: Die Fakultät für Mathematik und Informatik beschäftigt für 2 Fächer 2 Studienkommissionen (immerhin werden diese beiden Fächer in fünf Studiengängen studiert). Ob sich aus solchen Beobachtungen Rückschlüsse auf die Wertschätzung der Lehre, das Arbeitsethos der jeweiligen Studienkommissionen oder auch die Finanzlage der entsprechenden Fakultät ableiten lassen, sei mal dahingestellt. [Zurück]
2 Während sowohl auf Fakultätsebene (über Fakultätsräte und deren beratende Kommissionen), als auch auf Uniebene (Unirat, Senat, Sentatskommissionen und -ausschüsse) einige (wenige) Studierende miteingebunden sind und zu einer Vernetzung und Rückkopplung der verschiedenen Ebenen mitbeitragen können, ist auf Institutsebene keine verpflichtende Einbindung der Studierenden vorgesehen. Entsprechend wandern Entscheidungen, die in die Hände von Institutsdirektorien oder -direktorInnen gegeben werden, hinter Türen, die Studierenden in aller Regel verschlossen bleiben. [Zurück]