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Wahlkrampf 98:
Das UNiMUT-Ranking

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BeurteilungWertung
Startnummer 1:

CDU: Rote Lippen
An sich gibt es Schlimmeres als das klassische Kopfdesign. Wenn der Kandidat allerdings so abgrundtief hässlich ist und dann nicht mal ein Lächeln hinkriegt, ist das Ergebnis katastrophal. 0 Punkte, letzter Platz.
Startnummer 2:

SPD: Wir auch
Die SPD-Antwort auf die Startnummer 1. Die SPD entscheidet sich für einen weißen Hintergrund (gut!) und ihr Kandidat ist insgesamt ansehnlicher. Leider führen dumme Sprüche auf dem Plakat zur Abwertung. 0 Äpfel, letzter Platz
Startnummer 3:

Pro DM: Ich, Bolko
Dumpfe D-Mark-Verehrung gepaart mit einer Zweitstimmenkampagne und Schwarz-Rot-Gold. Geradezu teuflisch, da noch "Die neue liberale Partei" drunterzuschreiben. Wer Bolko heißt und das aufs Plakat schreibt, hat sich was verdient. 2 Euro, letzter Platz
Startnummer 4:

SPD: Mut
Eine Variante des klassischen Kopfportraits. Immerhin nur ein dummer Spruch auf dem Plakat, dazu ein interessant gestalteter Hintergrund. Will das Plakat uns sagen, dass niemand ohne jede Menge Mut bei Schröders Wirtschaftsberater und seiner Firma ohne Betriebsrat arbeiten würde? 1 Punkt, trotzdem letzter Platz
Startnummer 5:

FDP: Rote Socken
Ein peinlicher Versuch, die Kampagne der CDU aus dem letzten Wahlkampf zu recyclen. Geschickt allerdings der Versuch, durch den Gegensatz zwischen Schmiererei und ordentlicher, wenn auch schief montierter Wahlwerbung an gute deutsche Tugenden anzuküpfen. -30 Hintze. Ganz klar: letzter Platz
Startnummer 6:

CDU: Sicherheit statt Risiko
Offenbar die Antwort auf die Startnummer 5, dabei dezent das Schwarz-Rot-Gold-Motiv der Startnummer 3 aufnehmend und mit sanft ausgeblendeten Europasternen vereinend. Trotzdem: Eine leichte Variation von Adenauer-Sprüchen kann die Ansprüche moderner Menschen nicht mehr ganz befriedigen. Der Jury ist unklar, wie sich diese Rezepte aus den fünfziger Jahren mit globalisierter Weltklasse vertragen. 1 Nierentisch. 1957. Platz
Startnummer 7:

Margret Dotter: Der Zukunft entgegen.
Ein wunderschönes Design im Stil des sozialistischen Realismus: Mit Mut und Hoffnung blickt die Arbeiterin in die Zukunft. Für ein weiteres Jahr der Planerfüllung unter der Führung der Partei. Doch Vorsicht, Betrug: Diese Frau ist keine Sozialistin. Aber dafür Schwedin, was ja sowas ähnliches ist. Smørrebrød: 2. Platz
Startnummer 8:

PDS: Zeichen setzen
Ein hervorragendes Plakat: Gute Aussage, exzellente technische Ausführung, originelle Illustration. Nur: Was hat das alles mit der Wahl zu tun? Themaverfehlung, 0 Punkte. Aber: Spezialpreis der Jury "Zukunftsfähiges Plakat"
Startnummer 9:

DMP: Drei Ausrufezeichen
Ein echter Lacherfolg. Drei Ausrufezeichen und totaler Realitätsverlust, gepaart mit dem ernsten Blick eines Fotoprofis (man beachte den Hintergund des Fotos). Drei Ausrufezeichen. Mittlerer Platz
Startnummer 10:

CDU: Miteinander Lamers anglotzen
Dr. Karl A. Lamers trifft Saddam Hussein (wie gewohnt mit Kind im Arm) und glotzt der Frau von dem Schleimi neben ihm in den Ausschnitt. Wie schlecht. Sieben Kotzbeutel. Das Allerletzte
Startnummer 11:

SPD: Binding mit Oheim und Mume
Die Antwort der Sozialdemokratie auf die Startnummer 10. Immerhin werden die TeilnehmerInnen nicht gezwungen, den Kandidaten anzusehen, der Kandidat hat die Augen, wo sie hingehören, und es wird auf Kinderpornographie verzichtet. Mehr Sicherheitsempfinden. Das Vorletzte
Startnummer 12:

SPD: Ein starkes Stück
Merke: Raketen-Schmidt hat Deutschland stark gemacht. Sozialdemokraten drücken auf die Patriotentube. Warum auch nicht? Sieben Raketen. Danach wäre dieses Machwerk wenigstens weg.
Startnummer 13:

PDS: Winfred Wolf
Plakat war beschädigt
Ein weiteres Kopfportrait. Winfried Wolf hat eindeutig die hübschesten Ohren der hier vorgestellten Kandidaten. Und sein Name ist nicht sehr groß geschrieben. Leider kann die Jury aus Proporzgründen nicht ein weiteres PDS-Plakat prämieren. Ein Kommunist. Deshalb letzter Platz.
Startnummer 13:

B90/G: Smiley
Etablierte Alt-68er versuchen sich mit Tekkno-Stil. Leider schiefgegangen, und sowieso nicht postmodern. 2 Striche zuwenig, kein Mondgesicht: letzter Platz
Startnummer 14:

ÖDP: X für U
Schwarzer Rollkragenpullover, stechender Blick, schiefes Lächeln. Wer hat dieses Foto ausgewählt? Man vergleiche das Logo unten mit dem versuchten Smiley auf Startnummer 13. 0 Punkte. Ein Platz hinter Sartre.
Startnummer 15:

CDU: Weltklasse
Kohl zwischen Visionär und zornigem Wotan. Ehrfurchtsvoll: "Der Kanzler". Beginnender Cäsarenkult. 1 Birne. Aber Weltklasse
Startnummer 16:

PBC: Sucht Gott
Überraschend professionell kommt der Bewerber der Splitterpartei PBC daher. In der klaren Botschaft, der übersichtlichen Gestaltung sowie der Auswahl des Motivs durchaus vorbildhaft auch für Parteien mit weitaus größerem Budget. Einzig die Phrase von der "geistig-moralischen Wende" trübt den rundum guten Eindruck etwas. 5 Bücher (Mose). Auf jeden Fall ganz oben.
Startnummer 18:

FAU: Reim dich
Die Jury war sich zunächst nicht sicher, ob sich die FAU hier nicht auf die Startnummer 14 bezieht, musste sich dann jedoch dagegen entscheiden. Vielleicht hätte die FAU nicht das Foto von der letzten erkennungsdienstlichen Behandlung ihres OB-Kandidaten verwenden sollen. 20 Pfennig. Am Ende.
Startnummer 19:

AZ: Zimmerpflanzen
Insgesamt etwas überladen, jedoch mit origineller Parole und aussagekräfitiger Illustration. Und immerhin kommt dieses Foto Alexander Plattmanns nicht aus dem Polizeiarchiv (vgl. Startnummer 18). 1 Autonomes Zentrum. Gewonnen.
Startnummer 20:

AZ: Wir können auch anders
Das Autonome Zentrum wird dem Anspruch, auch im Low-Budget-Bereich Anspruchsvolles zu liefern, mit diesen beiden Plakaten durchaus gerecht. Vor allem die prickelnde Erotik rechts sorgt für willkommene Akzente. Ebenfalls erwähnenenswert die subtile Semantik des Pfeils links. 55 Punkte. 4. Platz
Startnummer 21:
CDU: Frieden wählen
Der Einsatz von Kinderpornographie in der CDU-Wahlwerbung ist nichts Neues. In diesem Fall haben die Strategen der Partei jedoch etwas zu tief in den Fetischkarton gegriffen. Wegen moralischer Unzulänglichkeit aus der Wertung genommen.
Startnummer 22:

Unbekannte DadaistInnen: Viktor Glock
Ein geradezu teuflischer Versuch unbekannter DadaistInnen, die Ernsthaftigkeit des freiheitlich-demokratischen Wahlkampfs zu unterhöhlen. Der Spruch in der Kopfleiste schafft zunächst Sicherheit, es in der Tat mit einem Wahlplakat zu tun zu haben. Auch das Portrait ist noch glaubhaft, wenn auch das Siebziger-Jahre-Outfit für eine gewisse Brechung sorgt. Die semantische Demontage findet lediglich in den untersten 20% des Plakats statt: Natürlich heißt niemand Viktor Glock, und allein die Idee, jemand könne mit einer Liste "Sportler für Gerechtigkeit" in den Bundestag wollen, ist bereits zutiefst subversiv. 137 Punkte. Erster Platz.
Zu diesem Plakat existiert ein Minderheitenvotum, das den Entwurf wegen Staatsfeindlichkeit aus der Wertung nehmen wollte.
Startnummer 23:

FDP: Kinkel
Die Jury mochte an diesem Plakat vor allem die Offenheit, mit der die Lambsdorff-Partei ihre Botschaft überbringt. Der Versuch, das Wort "Kinkel" in die Wortfelder von "Verläßlichkeit" (alte Rechtschreibung!) und "Vertrauen" einzuschmuggeln, überzeugt, zudem angesichts des schwäbischen Cleverle-Lächelns des Kandidaten, noch nicht ganz, wohingegen das gegen Magenta gesetzte "Zweitstimme FDP" der Klientel das Anliegen der Partei glasklar vor Augen führt. 99 Punkte. Zweiter Platz.
Startnummer 24:

CDU: Pippi Langstrumpf
"Ich mach mir die Welt wie sie mir gefällt" war die spontane Assoziation der Jurymehrheit zu dieser Orwelliade der Partei des Einheitskanzlers. Nach reiflicher Überlegung befand die Jury jedoch, ein so offenes Bekenntnis zu hohlen Phrasen verdiene wohlwollende Würdigung. 2 Kühltürme. Im Aufschwung.
Startnummer 25:

DMP: 100 Mark mehr
Dieser Beitrag der DMP (vgl. Startnummer 9) bezieht seinen Charme aus der bemerkenswerten Wachsmalkreidearbeit der neunjährigen Enkelin des DMP-Direktkandidaten Hengstler. Selten war naive Malerei so politisch. Bestimmt eine Eins mit Stern im Kunstunterricht. Hier jedoch: Letzter Platz.
Startnummer 26:

CSU: Kraftvoll sicher
"Cool Sicher Uhl": Geradezu überraschend, dass die Münchner Passanten angesichts dieser intellektuellen Zumutung nicht gleich den Kopf der Verantwortlichen fordern. 0 Punkte. Letzter Platz.
Startnummer 27:

BüSo: Super-GAU
Ein hochinteressantes Plakat, das auf Köpfe wie auch auf Handlungsanweisungen verzichtet und damit schon formal aus unserem Ranking heraussticht. Lob verdient ebenfalls der geschickte Einsatz eines Chart-Symbols, in dem wiederum ein subtil eingesetzter Pfeil (vgl. Startnummer 20) die von dem Begriff "Super-GAU" ausgehende Bedrohung akzentuiert. Offene Fragen der Jury allerdings: Was hat Helga Zapp-LaRouche damit zu tun? Und wie steht die Queen dazu? (vgl. Editorial von UNiMUT 106) 10 Punkte. 10. Platz
Startnummer 28:

BFB: Mut
Der Bund freier Bürger beantwortet hier eine Frage, die bei der SPD (Startnummer 4) noch offen blieb: Wozu brauchen wir Mut? Inwieweit Mut und Wahrheit allerdings zusammenhängen, blieb der Jury verschlossen. 2 Euro. So in der Gegend der DVU.
Startnummer 29:

CSU: Bayern-Deutschland
Dieses an sich unauffällige Plakat gewinnt eine gewisse Bedeutung aus dem Vergleich mit der Startnummer 6 und ähnlichen Bekenntnissen der CDU; wo die Schwesterpartei auf Europasterne setzt, kommen für die CDU nur weiß-blaue Rauten in Frage. Ansonsten leidet dieses Plakat unter der gewohnten Unansehnlichkeit von Unionskandidaten. O'zapft is.
Startnummer 30:

SPD: X und O
Dieser eher minimalistisch angelegte Entwurf baut völlig auf das typografische Element des Kreises mit dem Kreuz. Dies ist nicht zu verwechseln mit dem Kreuz mit dem Kreis oder gar dem Kreuz mit dem Kreuz. Nein, auch Axel Berg ist bereit. 1 Idee. 1. Platz
Startnummer 31:

BFB: Wähl dich frei
Ein Brustportrait, dessen Begleittext Sprengstoff enthält. Im Duktus des "Es reicht!" nimmt der BFB Wahlkampftraditionen heutiger rechtsradikaler Parteien auf, "Wähl dich frei Deutschland" orientiert sich eher an entsprechenden NS-Parolen. Fulminante Kulmination das weiße "Ein Freier Bürger" unter dem Namen des Herrn Brunner. Nach einem solchen Witz verzeiht die Jury vieles. 0 Ideen. 0. Platz
Startnummer 32:

DVU: DVU
Die DVU orientiert sich in ihrem Versuch, durch klare Wahlaussagen WählerInnen zu überzeugen, an der FDP (Startnummer 23). Schade nur, dass sie nicht verraten, ob sie mit Erst- oder Zweitstimme gewählt werden wollen. Gemein: Der Kreis mit dem Kreutz ist von der Startnummer 30 geklaut! 0 Punkte. Letzter Platz.
Startnummer 33:

FDP: Ihre Steuern
Innovativ die FDP: Der Kontrapunkt zwischen "Steuern" und den hochgekrempelten Ärmeln wird durch das Hineinragen des Wortes in das Bild fast schmerzhaft akzentuiert. Allerdings hätte die Jury der FDP ein Motiv empfohlen, das eine Assoziation der alten und angesichts der traditionellen Wirtschaftsnähe der Liberalen allzu naheliegenden Weisheit von der einen Hand, die die andere wäscht, nicht ganz so offensichtlich einlädt. 500 Mark bekommen. 1. Platz.
Startnummer 34:

MLPD: Vorwärts
Ein Plakat, wie es sein muss: Fröhliche Menschen, viel Rot, schwungvolle Schrift. Großartig. 49300239920 Punkte. 1. Platz
Startnummer 35:

CSU: Walrösser wählen
Hätte die CSU eine gemeinsame Werbestrategie mit der CDU, stünde unter diesem Plakat "Walrösser wählen" (vgl. Startnummer 21) 1 Punkt. 20. Platz
Startnummer 38:

DVU: Ohne Titel
Unser Fotograf wollte zunächst gar nicht glauben, dass er richtig sieht. Der Jury hat es die Sprache verschlagen. Glubber. Urks.
Startnummer 39:

CDU: Karl-Tag
Was will uns Lamers mit diesem Plakat sagen? Will er endlich wieder Wahlzettel, auf denen nur ein Kandidat zu Auswahl steht, oder ist dies das öffentliche Eingeständnis, dass seine WählerInnen im Mittel einen IQ von 5 haben? "Wahltag ist Karl-Tag" -- unglaublich, zu welchen Infantilitäten Volksvertreter sich hinreißen lassen, wenn sie ihre Felle davonschwimmen sehen. -50 Punkte. Letzter Platz.


And the winner is:

Startnummer 17:

Konzert Lesung: Lateinamerika
Ein gelungener Entwurf, ein hübscher Spitzenkandidat mit einer charaktervollen Handschrift. Auch die anderen Kandidaten der Partei haben noch mit Foto Platz auf dem Plakat, ohne die harmonische Gestaltung zu stören. Die Jury mochte vor allem die Gitarre. Erinnert irgendwie an Willi Brandt. 100 Punkte. Erster Platz

Ach ja, trotz alledem gilt: Wer mit der Erststimme was anderes wählt als Binding, wählt leider CDU. Und schon die Alten wussten, dass Pocken allemal der Pest vorzuziehen sind. Wer das nicht versteht, kann nochmal das Editorial und "Strategisch wählen" im letzten UNiMUT lesen.


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Erzeugt am 14.09.2005

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