Fächertausch mit Mannheim jetzt offiziell

Der Krieg der Unis (18.05.2005)

[Bild: Transparent an der Triplex]

Rektors Plan

"Gemeinsame Offensive", "Vorstoß", "schärfen" und "stärken" -- bei der Lektüre der Pressemitteilung des Rektors zum Thema großer Fächertausch zwischen Mannheim und Heidelberg fühlt mensch sich dann und wann an Verlautbarungen aus weiland Scharpings Verteidigungsministerium erinnert. Unsere Spekulationen der letzten Woche bestätigen sich darin weitgehend: Die Heidelberger VWL kommt nach Mannheim, wodurch die dortige Uni ihr "Profil" als höhere Handelsschule weiter "schärfen" wird, während Heidelberg dafür einige Matheprofs und die beiden Philosophielehrstühle bekommt.

Für die Fakultät für Mathematik und Informatik wie für die Philosophische Fakultät ist das allerdings nur ein sehr eingeschränkter Segen, denn die Stellen sollen (jedenfalls größtenteils) so bald wie möglich umgewidmet werden, was de facto einen Einstellungsstop für die Fakultäten bedeutet, bis sie Stellen im Umfang der erhaltenen Stellen abgegeben haben. Hintergrund der Umwidmung ist der Plan, die LehrerInnenbildung komplett von Mannheim nach Heidelberg zu verlegen -- auch wenn dieser letzte Plan wohl noch mit Bedenken aus dem Kultusministerium zu kämpfen hat, sollte er langjährige LeserInnen des UNiMUT nicht überraschen, ist er doch in einer Linie mit unseren Prognosen anlässlich der Ankündigung der Zentren für Lehrerbildung.

Mehrheiten und Widerstand

Nur zur Klärung: Auch wenn das neue LHG so tut, als sei die Uni ein patriarchal strukturiertes Unternehmen, sind wir noch nicht so weit. Der Senat wurde vor einer Woche zunächst über all die Pläne "informiert", aber seine (und die des Hochschulrats) Zustimmung ist nach wie vor nötig, bevor die ganze Aktion steigen kann. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Gremien dem Rektorat wenig Widerstand entgegensetzen werden, aber wer weiß?

Pikant an der Verlautbarung des Rektors ist der vorletzte Satz: "Der geplante Stellentausch wurde innerhalb der Universität Mannheim mit großer Mehrheit begrüßt." Das mag so sein (auch wenn die Definition von "großer Mehrheit" in diesem Satz kontrovers diskutierbar sein dürfte). Definitv falsch wäre ein solcher Satz für die Uni Heidelberg. Hier gab es heute Mittag eine vom Rektor einberufene Vollversammlung der VWL, während der Hommelhoff die Betroffenen über seine Pläne "informierte" (das ist moderne Mitbestimmung). Dabei blies ihm ein steifer Wind ins Gesicht, sowohl von Studierenden, die ihm seine so genannten Argumente nicht abnehmen wollten, als auch von den Lehrenden: das Direktorium des AWI (das den VWL-Studiengang hier trägt) trat geschlossen und sichtlich gerührt aus Protest zurück.

Die Veranstaltung, die die Aula der Neuen Uni mal wieder richtig gut füllte, endete in einem Eklat, als Hommelhoff eine Studierende vom Mikrofon wegschleuderte und daraufhin erste Wurfgeschossen (allerdings nur aus Papier) flogen. Hommelhoff ließ geschwind die Versammlung auflösen und entschwand, doch die Versammlung ignorierte ihre Auflösung und beschloss eine Resolution zur Schließung, die uns noch nicht vorliegt (sie wird so bald als möglich als Nachtrag zu diesem Artikel erscheinen).

Geheimräte

[Bild: Rektor am Rednerpult]

Nun, demokratische Auseinandersetzung ist Hommelhoffs Sache nicht -- Geheimpolitik dafür um so mehr. Und so rügte er die SenatorInnen der FSK am letzten Donnerstag für den oben zitierten Artikel -- was natürlich keine Auswirkungen hat, aber doch zeigt, dass er seine Ränke lieber im Verborgenen schmieden und die weitere universitäre Öffentlichkeit anschließend vor vollendete Tatsachen stellen würde.

Zusätzlich verärgert war der Rektor, weil am Donnerstag mittag tatsächlich die vor einer Woche angekündigte Fensterputzaktion stieg. Sie war insofern etwas vergebens, als der Rektor zum Zeitpunkt der Aktion nicht in seinem Büro weilte, doch konnten die Studis immerhin schon mit dem Putzen anfangen. Leider ging dabei -- wer kennt es nicht vom Fensterputzen? -- eine Vase zu Bruch (es war wirklich ein Versehen), so dass die Studis ihre Aktion etwas rascher beendeten als ursprünglich geplant und (unbegründete) Sorge wegen möglicher Schadensersatzforderungen seitens des Rektorats in der Luft lag. Und dennoch: Wer lässt sich schon gerne sagen, ihm oder ihr mangele es an Durchblick, egal, ob dieser Anwurf nun gerechtfertigt ist oder nicht.

Triplex

Ebenfalls "not amused" war Studiwerks-Geschäftsführer Gutenkunst, der am 13.5. der FSK einen Brief zum Thema Triplex (den wir uns erlauben als unaufgeforderte Gegendarstellung zu veröffentlichen) zukommen ließ. Sein Inhalt, zusammengefasst: "Niemand hat die Absicht, die Triplex-Mensa zu schließen". Gutenkunst dementiert jedoch keineswegs, dass der zweite Stock geschlossen werden könnte und schließt auch nicht aus, dass er die Ferien"lösung" mit Sparessen im Eat&Meet perpetuieren wird.

Besonders wertvoll ist ist sein Vorwurf, die FSK würde seine MitarbeiterInnen verunsichern. Ein Geschäftsführer, der eigens eine Beschäftigungsgesellschaft gründet, um seine MitarbeiterInnen nicht nach BAT bezahlen zu müssen (das wäre mittlerweile auch hinfällig, aber das ist eine ganz andere Baustelle), sollte von fairem Umgang mit Beschäftigten schweigen. Dafür würden wir auch davon schweigen, dass in der Triplex schon Wochen vor der Plakataktion die wildesten Gerüchte schwirrten.

Scherz zum Schluss

Und noch ein Gerücht -- während die Uni immer noch rudert, um Gebäude für den Umbau der Krehl-Klinik lockerzumachen (das ZFB zieht in der nächsten Woche deshalb in die Albert-Überle-Straße, nahe dem Philosophenweg), soll ein unbekannter Spender der Fakultät für Mathematik und Informatik Geld für ein neues Haus in Aussicht gestellt haben -- gekoppelt allerdings an drei Bedingungen: Erstens soll die gesamte Mathe und Informatik darin unterkommen (was nicht unvernünftig ist), zweitens soll es vom Schloss aus zu sehen sein, und drittens sollen künftig Touris als Wahrzeichen von Heidelberg nennen: Schloss, Print Media Academy und Mathe-/Info-Gebäude. Richtig unhaltbare Gerüchte wollen als Spender den SAP-Mitgründer Klaus Tschira ausgemacht haben. Sofern an den Gerüchten über die beiden letzten Bedingungen und den Spender etwas dran ist, bleibt noch der perverse Trost, dass es immerhin zum (geringen) Teil Gelder der Uni Heidelberg sind, die so zurückfließen, denn das R/3, das im Herzen des unsäglichen Impulse-Projekts sitzt, hat die Uni von SAP gekauft.

Nachtrag (19.5.2004): Angesichts solch aufregender Entwicklungen und des Kreml-Stils der Rektoratspolitik kocht die Gerüchteküche natürlich auf höchster Flamme. Mittlerweile transpiriert, dass die Mannheimer technische Informatik nicht der Fakultät für Mathematik und Informatik, sondern der für Physik und Astronomie zugeordnet werden soll (dort gibt es vor allem aus Entwicklungen für die Hochenergiephysik heraus tatsächlich schon Dinge wie etwa das ASIC-Labor, das allerlei Hardware entwickelt). Damit bekäme dann die Physik -- ähnlich wie bereits die Medizin -- eine Dependance in Mannheim. Interessant ist dieses Gerücht insbesondere für KremlbeobachterInnen, denn die Chipschmiederei in der Physik war besonderes Steckenpferd des ehemaligen Prorektors für Entscheidungssysteme Karlheiz Meier, der bereits im letzten Juni (tatsächlich wegen Unhaltbarkeit) geschasst und im Oktober durch Peter Comba ersetzt worden war. Wenn nun wirklich Meier diesen Deal als Prorektor eingefädelt haben sollte, wäre klar, dass sich die Verhandlungen mit Mannheim bestimmt schon ein Jahr im Geheimen abgespielt haben. Kreml, fürwahr.

Nachtrag (23.5.2005): Es gibt mittlerweile auch ein sehr lesenswertes Protokoll der VV der VWL inklusive der Forderungen der Studierenden.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 08.06.2005, 22.06.2005, 02.11.2005, 23.05.2006