Das neue LHG langt auch bei informationeller Selbstbestimmung richtig zu

Alma mater wird big brother (23.01.2004)

"Die Hochschulen können durch Satzungen für ihre Angehörigen und Mitglieder die Pflicht zur Verwendung von mobilen Speichermedien begründen, die der automatischen Datenerfassung oder Datenverarbeitung, insbesondere für Zwecke der Zutrittskontrolle, Identitätsfeststellung, Zeiterfassung, Abrechnung oder Bezahlung dienen." Dieser Satz steht in keinem Werk von George Orwell, er kommt aus dem durchgesickerten Entwurf für ein neues Landeshochschulgesetz, den das MWK immer noch den Landtagsabgeordneten vorenthält, um lieber erstmal ein wenig mit handverlesenen InteressentInnen vorzukungeln.

Im Klartext heißt das: Wenn der Rektor will, kann er die Schäflein seiner alma mater einer totalen Kontrolle unterwerfen, beispielsweise durch drahtlos auslesbare Chipkarten (wie sie im Theoretikum bereits als Schlüssel eingesetzt werden). Für die MitarbeiterInnen wird das allerdings wahrscheinlich recht bald Grenzen finden an Tarifvertrag, Datenschutzgesetz oder Verfassung.

Studis werden da weniger Schutz genießen: Richtet euch schon mal drauf ein, dass eure Studiengebühren veranstaltungsweise abgerechnet werden. Im Verfahren des Micropayments kann dann auch noch gleich für den Besuch in Bibliothek oder Computerpool der eine oder andere Cent fällig werden -- und RFID sei Dank müsst ihr nicht mal dran denken, alles wird berührungslos gemacht. Wie leicht wird es, nachzuprüfen, ob auch noch der letzte Studi auch noch in der dümmsten Vorlesung seinen oder ihren Hintern plattsitzt. Wie schön wird es, wenn am Ende des Semesters rauskommt, wer nicht oft genug im Seminar war. Wer sich von solchen Aussichten noch nicht schrecken lässt, kann ja mal diese kleine Dystopie zum Thema goutieren.

Der LHG-Entwurf ist, wie im oben zitierten Artikel ausgeführt, ein Horrorkabinett. Selbst in seinen staubigsten Gegenden ist es durchweht von einem Geist der autoritären Umstrukturierung. Der einzig mögliche Umgang mit diesem Konvolut ist die sofortige Entsorgung. Frankenberg scheint vorerst dazu nicht bereit zu sein -- Überzeugungsarbeit tut dringend Not.

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 11.02.2004, 25.02.2004, 24.03.2004, 09.07.2004