Noch leisten einige öffentlich-rechtliche Anstalten dem Durchmarsch des Dudelradios Widerstand, mit zum Teil recht engagierten Projekten. Ein solches Projekt ist das Funkkolleg "Deutschland im Umbruch", das in 22 Sendungen die Themenbereiche "Wandel in der Weltgesellschaft -- von 1989 nach Europa", "Historische Perspektiven -- Dialoge mit der deutschen Vergangenheit", "Brüche und Übergänge in der neuen Republik -- Wandel in Politik und Wirtschaft" und "Soziale Brüche und Übergänge -- Zeiten und Räume der Deutschen" behandlen wird. Auf der Webseite der VeranstalterInnen findet sich das ausführliche Programm.
Von Heidelberg aus hört mensch sich diese Sendungen am besten auf hr 2 an, das vom Feldberg im Taunus auf 96.7 und vom Hardberg auf 95.3 MHz sendet. Die Kollegsendungen werden ab dem 9.10. immer Donnerstags von 20:05 bis 20:45 und Samstags von 15:05 bis 15:45 ausgestrahlt. Zur Bestellung der meistens empfehlenswerten Kursunterlagen ist es jetzt leider schon zu spät.
Ein Wort der Warnung ist allerdings wohl angebracht: Die Wissenschaftliche Leitung des Projekts haben drei Wessis, nämlich Hans Bertram, der nach seiner Habilitation in Heidelberg an der Bundeswehruni in München gelehrt hat, Klaus von Beyme von unserem IPW, UNiMUT-LeserInnen nicht unbekannt, und Christoph Kleßmann, der von 67 bis 70 am Ostkolleg der Bundeszentrale für politische Bildung in Köln wissenschaftliche Meriten erwarb -- alles in allem lässt dies kaum eine sonderlich kritische Haltung zu den Vorgängen der letzten zehn Jahre erwarten. Lassen wir uns überraschen.
Viel neues gibt es nicht zum NC aufs Referendariat. Trotzdem -- oder
gerade deshalb -- lädt die GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft)
zu einem Treffen nach Stuttgart, das sich mit Möglichkeiten des Widerstands
auseinandersetzen wird. Zielgruppe sind nicht nur die paar, die ohnehin schon
viel tun und getan haten, auch Interessierte und Menschen, die vielleicht
was tun wollen, sind gern gesehen.
Fahrtkosten können ggf. von der
GEW getragen werden. Das Treffen findet statt
am 11. Oktober
im DGB-Haus in Stuttgart, Willi-Bleicher-Str. 20, Raum 245
von 12 bis 16.30 Uhr.
Wer teilnehmen will, wird gebeten, das vorher anzukündigen. Das kann mensch
z.B. über die GEW-Studigruppe (c/o FSK) tun; wirklich zuständig ist aber
Alfred Uhing aus Karlsruhe, der unter 0721/359378 Faxe
erwartet.
Aufgespießt in der Süddeutschen Zeitung vom 4.10.:
Ich kenne Kollegen, die so lange Fünfen vergeben, bis sie keine Prüfungen mehr abnehmen müssen, sagt Professor Jürgen Siebke, neuer Rektor der Universität Heidelberg. Schlimme Finger, diese Kollegen, die stolz darauf sind, vermeintlich dumme Studenten aus der Hochschule zu ekeln. Mehr als 90 Prozent der Studenten bröckeln den Heidelbergern in manchen Fächern weg. Nicht alle davon sind Studienabbrecher. Die meisten wechseln an andere Universitäten oder in andere Fächer. Viele wollten auch nie einen Abschluß machen, nur mal reinschnuppern. Irgendwie steckt hinter dem Schwund trotzdem ein Problem. Denn man fragt sich, ob nicht Studenten ohne Abschluß rausgeschmissenes Geld bedeuten. Deswegen haben die Heidelberger zur Tagung Studienabbruch geladen. Über 2,5 Milliarden Mark kosten die Versprengten den Steuerzahler, sagt der Vertreter des Centrums für Hochschulentwicklung. Kann und will er dann zwar nicht halten, die Zahl. Sorgt aber erst mal für Stimmung. Los gehts mit Schuldzuweisungen. Rektor Siebke hat sich dabei unter anderen die Studenten als Sündenböcke ausgesucht: Ich biete zwei Sprechstunden pro Woche an. Das sind dann meine zwei freien Stunden. Das Desinteresse kann keiner erklären. Vielleicht hätten die offiziellen Studentenvertreter Antwort gewußt. Doch die kamen unvorbereitet, da sie erst in letzter Sekunde von der Tagung erfuhren. Eingeladen hatte sie keiner.
HORST ELLERMANN
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Wer Herrn Siebke kennt, weiß, warum niemand in seine Sprechstunden kommen mag. Gemeinplätze über das allseits segensreiche Werk des Marktes kann sich wohl jedeR selbst ausdenken. Warum dann Siebke fragen, wenn der zu den Phrasen nur einen gequält-gelangweilten Blick zu bieten hat, weil schon wieder eine lästige Pflicht die Karriere behindert.
Ach ja, und die 90% Studienabbrecher stimmen natürlich nicht. Aber darauf kommts ja eh nicht an.
Nachdem sich im August Bund und Länder in den meisten Punkten einer HRG-Novellierung näher gekommen sind und inzwischen auch Konkreteres über den Inhalt der Fast-Einigung bekannt ist, hat sich der Studivertretungs-Dachverband fzs mit einer Art Utopie zu Wort gemeldet: Der fzs-Entwurf für ein neues HRG. Merkwürdig, dass auch humane Ideen in Legalesisch zu formulieren sind...
Ein Ritual mit Tradition: Heute morgen begrüßten Rektor Siebke, Oberbürgermeisterin Weber, FSK sowie eine der beiden Professorinnen der Heidelberger Physik, Johanna Stachel, die neu eingeschriebenen Studis. Besonders spannend war diesmal, was der eigentlich immer für starkdumme Worte gute Siebke so zu sagen hatte. Und siehe da, seine Rede erwies sich als erheblich moderater als das, was mensch von Altrektor Ulmer gewöhnt war -- wächst der Mann an seiner Aufgabe oder hat er sich einfach einen Schafspelz umgehängt und viel Kreide gefressen?
Kein Wort vom Zwang oder gar Willen, endlich richtige Studiengebühren einzuführen, kein Lamento über den Niedergang des Niveaus und auch nichts über die segensreichen Wirkungen des Marktes auf Alles und Jedes. Nein, die Studis sahen sich aufgefordert, doch eigene Prioritäten zu setzen, sie wurden ermuntert, die Sprechstunden der Profs doch auch wahrzunehmen. Bei der Gelegenheit adoptierte er das ihm von der Süddeutschen quasi vorauseilend zugeschriebene Zitat am Anfang des schon zitierten Artikels über Siebkes StudienabbrecherInnentagung -- während der Tagung selbst waren diese Worte nur über die Lippen des ebenfalls starke Worte liebenden Matheprofs Rost gekommen (der sich seinerseits wundern sollte, warum seine Erstivorlesungen zwar mit was wie 300 Leuten anfangen, am Ende aber nur noch von vielleicht 30 Studis ertragen werden).
Das Siebke-typischste war noch seine Aussage "Wir sind eine Eliteuniversität [...] Das gelingt nicht immer -- aber oft". Doch selbst das federte er durch eine sich besonders human gebende Definition von Elite ab. Immerhin, Siebke konnte sich nicht durchringen, sich dem Szenenapplaus nach einem Angriff auf Studiengebühren während der Rede der FSK-VertreterInnen anzuschließen. Und er hat auch noch nicht gelernt, dass die hiesige Studivertretung FSK und nicht AStA heißt. Lassen wir ihm dazu ein bisschen Zeit. Ulmer hat die auch gebraucht.PS.: Was von der FSK kam, wird wohl im nächsten Papier-UNiMUT zu lesen sein, was Weber und Stachel von sich gaben, ist der Rede nicht sehr wert -- wo Weber immerhin noch Nettigkeiten verbreitete, hatte sich Stachel ganz aufs Moralisieren verlegt und ihre Rede auch noch mit stierem Blick so monoton runtergeleiert, dass mensch wirklich nicht glauben möchte, dass sie fünfzehn Jahre an US-Universitäten gelehrt hat.
PPS.: Lohnend an der Veranstaltung war dann noch das diesjährige RCDS-Semesterheftchen. Ich glaube, außer Kohls Nachwuchs kommt keineR auf die Idee, den Bund-Länder-Kompromiss zur HRG-Novelle mit "Solutions", "Decision", "Wow!", "Management", "Credit", "College", "Quality", "Communication Lines Open" (das ist mein "Favourite") und "The Future" zu kommentieren.
Als im Sommer Gerüchte laut wurden, im Wissenschaftsministerium sei am 2.7. beschlossen worden, DoktorandInnen mit einer halben Stelle würden nicht mehr immatrikuliert oder ggf. exmatrikuliert, wollte das kaum jemand glauben -- was für einen Sinn hätte so eine Maßnahme auch, zumal im Hinblick auf die aktuellen Promotionsordnungen, die größtenteils noch den Besuch von Vorlesungen oder zumindest Seminaren vorsehen, gleichgültig, woraus sich einE DoktorandIn finanziert. Oder hätte es drum gehen sollen, die Statistik zu schönen, denn üblicherweise sind Promotionsstudis natürlich in hohen Semestern? Oder handelt es sich gar um einen perfiden Plan, die Promotion gänzlich in die verschulten Graduiertenkollegs zu drängen?
Eigentlich alles zu absurd, um wahr zu sein -- aber wieder einmal zeigt sich, dass für den Karrieristenhaufen, der das Wissenschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg ausmacht, kein Beschluss zu dumm ist. Dem UNiMUT sind bereits zwei Fälle bekannt, in denen DoktorandInnen auf BAT IIa/2-Stellen nicht mehr immatrikuliert wurden, und das, obwohl bis vor ein paar Wochen die Immatrikulation auch für diese Klientel noch problemlos möglich war. Wer den Stichtag verpasst hat, hat augenscheinlich Pech gehabt.
Genaues wissen leider weder die Dekanate noch das Studierendensekretariat -- nur der Leiter des Dezernats 2 der ZUV (Studium und Lehre), Eckhard Behrens -- gerade dieses Jahr schon oft unangenehm aufgefallen --, verfügt allem Anschein nach über den Wortlaut des einschlägigen ministerialen Erlasses, redet aber bekanntermassen nicht mit Studis. Oder wenn, dann nur, um mal wieder seine unendliche Überlegenheit vorzuführen -- gerade deshalb ist es aber wichtig, ihm besorgte Fragen über die eigene Zukunft zu stellen: HD-54-2313. So, wie die Dinge stehen, sind wir also auf Gerüchte angewiesen, die unter anderem wissen wollen, dass noch im Wintersemester Briefe an die restlichen Studis auf BAT-Stellen rausgehen sollen, welchen Inhalts, ist allerdings nicht bekannt. Ob auch InhaberInnen halber WiHi-Stellen betroffen sind, weiß mensch auch nicht (das wäre allerdings der Gipfel des Nonsens, ihre Stellen sind ja abhängig von ihrer Immatrikulation). Sicher sind wohl vorläufig nur Leute, die auf Stipendien oder in Graduiertenkollegs sitzen.
Das alles heißt nicht, dass mensch sich die Exmatrikulation einfach so gefallen lassen muss. Zumindest sollte der Verwaltungsgerichtshof Gelegenheit erhalten, den Erlass zu prüfen. Betroffene, die sich an einer Klage beteiligen möchten oder einfach nur Kontakt zu anderen Opfern Stuttgarter Irrsinns suchen, können sich über die Redaktion über den Stand der Dinge informieren.
Neuigkeiten (17.10.): Vereinzelnt liegt der Erlass jetzt auch Dekanaten vor; nach dieser Fassung haben WiHis nichts zu befürchten.
Solidarität verlangt Opfer. Der Solidarpakt (vgl. auch die entsprechende HoPo-Themenseite der FSK) zwischen Trotha und den Unis in BaWü verlangt von den Unis ordentlich Opfer. Dass niemand weiß, mit wem sie sich mit diesen Opfern solidarisch erklären, ist ein Problem. Ein anderes ist, dass wie so oft an der Gruppenuni irgendwelche grauen Eminenzen auskarteln, wer geopfert wird und wie eigene Opfer zu verhindern sind.
Wie sowas funktioniert, wissen z.B. die PhramazeutInnen nur zu genau. Etwas ähnliches -- nur, dem Zeitgeist entsprechend, viel dreister -- spielt sich jetzt am IÜD (Institut für Dolmetschen und Übersetzen -- mensch beachte, dass zumindest zum Zeitpunkt der Linklegung auch dort noch zu lesen war, es gebe keine Zulassungsbeschränkung für Niederländisch) ab, wo Niederländisch, schon seit einiger Zeit ohne Prof und damit ohne für Profs ernstzunehmende Interessenvertretung, für die Trotha'sche Solidarität abgewickelt werden soll. Das wird zwar so nicht gesagt, und es gibt schon gar keinen Beschluss irgendeines gesetzes- oder satzungsgemäßen Gremiums dazu -- aber es wird passieren. Um die in solchen Situationen bewährte, doch für die "schnellebige Informationsgesellschaft" zu langsame Austrocknug zu beschleunigen, wurde in diesem Semester eine Art kalter Immatrikulationsstop praktiziert.
Dabei wurde einfach allen, die sich für Niederländisch einschreiben wollten, erzählt, "das sei nicht mehr möglich", woraufhin sich auch alle überreden ließen, eine ZVS-freie Sprache statt Niederländisch zu belegen (am IÜD bekommt mensch nur dann einen Studienplatz, wenn mensch zwei Sprachen studiert). Alle -- bis auf einen, der eine Woche lang zum Studentensekretariat lief und nicht locker ließ, bis der zuständige Dezernent Eckhard Behrens (schon wieder!) tatsächlich mal in seinem Büro anzutreffen war. Diese Sternstunde machte alle Mühen vergessen, denn plötzlich war die Immatrikulation problemlos möglich. Dumm nur für all die anderen Studis, die jetzt Portugiesisch oder Vietnamesisch lernen, und dumm für Niederländisch am IÜD -- ein Fach, das keine Erstis (na ja, eineR ist keineR) hat, ist ein totes Fach. Wie schön: Auf die Weise erscheint eine Abwicklung als "Sachzwang". Nein wirklich, schöner könnte es gar nicht sein.
Sieben Jahre lang herrschte in Heidelberg Ruhe an der Häuserfront -- zuletzt war 1990 ein Haus in der Plöck besetzt worden. Heute nacht um vier nun wurde -- wiederum in der Plöck -- das alte Waisenhaus am Ebertplatz besetzt, das nach einer kurzen Zwischennutzung als AsylbewerberInnenheim, der durch die AnwohnerInnen ein Ende bereitet wurde, bereits seit mehreren Jahren leersteht, ohne dass die Stadt so recht zu wissen scheint, was sie mit dem Gebäude tun soll.
Hintergrund der Besetzung ist, dass die Stadt dem Autonomen Zentrum (AZ) letztes Jahr im Städtischen Gebäude in der Alten Bergheimer Straße gekündigt hat, ohne -- wie vom Trägerverein Gegendruck gefordert -- einen gleichwertigen Ersatz zur Verfügung zu stellen. Der Ärger der Menschen aus dem AZ ist verständlich, bedenkt mensch, dass das alternative Veranstaltungszentrum AZ mit Infoladen, unkommerziellen Discos und Konzerten, Volksküchen und allerlei anderen bunten Facetten einem weiteren Einkaufs- und Geschäftszentrum weichen soll. Zum 31.10. läuft nun ein Anwaltsvergleich aus, der Ende letzten Jahres die Räumung des AZ aufschob. Um Druck auf die Stadt auszuüben, wurde das Waisenhaus besetzt.
Diese Rechnung scheint aufzugehen: Heute morgen um neun kam Oberbürgermeisterin Weber persönlich zu Verhandlungen mit den BesetzerInnen und bot an, auf eine Räumung des AZ zu verzichten, bis Ersatz gefunden sei, wenn, ja wenn die Besetzung bis 13 Uhr beendet ist. Zur Stunde (10 Uhr) haben sich die BesetzerInnen noch nicht entschieden, wie sei auf dieses Angebot reagieren. Noch kann mensch also die Transparente bewundern und der Musik von Quetschenpaua lauschen.
Nachtrag (16 Uhr): Die Besetzung war gegen Mittag vorbei, die BesetzerInnen sind auf Webers Angebot (verstärkt durch eine konkrete Zusage auf ein neues AZ-Haus -- welches, wird noch nicht verraten) eingegangen und konnten frei abziehen. Ganz trauen sie dem Frieden nicht: Ein Schild mit der Aufschrift "Wehe Ihr verscheissert uns" begleitete den Abzug...
Übrigens findet am nächsten Samstag (25.10.) um 12 Uhr am Bauhaus in Heidelberg eine Demo für den Erhalt des AZ statt.
Im Ringen um die erste von der Industrie, dem Land und dem Bund (DAAD) finanzierte und privatwirtschaftlich geführte Universität spielt die Karlsruher Universität seit neuestem in der Liga der "global players": Ab April 1999 soll auf dem dortigen Campus das "Projekt International Department (ID) der Universität Karlsruhe" (GmbH) den Lehrbetrieb aufnehmen. Zunächst werden nur die Fächer Maschinenbau und Elektrotechnik mit dem Abschluss Bachelor (8 Semester) oder Master angeboten, weitere Fächer werden dann in der Zukunft aufgenommen. Das ganze sei erst einmal als "Pilotprojekt" zu sehen, so zumindest war das heute auf einer Pressekonferenz zu hören.
Nach der Recheche des UStA Karlsruhe sind von einem willigen Studierenden 20.000 DM pro Semester zu bezahlen, eine Zahl, die auf Rückfrage von den Betreibern bestätigt wurde. Diese allerdings sprachen statt von "Studiengebühren" von "Campusgebühren". Der Schreck über den offenbar unerwartet heftigen Widerstand gegen die Trotha'schen "Rückmeldegebühren" sitzt wohl noch tief in den Knochen der Planer. Führende Personen, die heute auf oben erwähnter Pressekonferenz erstmals das ID-Projekt der Öffentlichkeit präsentierten, sind zum einen Rektor Wittig, dem das ID mit dem Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden schmackhaft gemacht wurde, sowie der Chef des Instituts für Werkzeugmaschinen und Betriebstechnik (wbk) Prof. Weule.
Letzterer entpuppte sich als heimlicher Chef und geschickter Marketingstratege, wie sich aus seinem am Rande einer Senatssitzung verbreiteten Infomaterial entnehmen lässt. Darin finden sich fast ausschliesslich Begriffe wie Akzeptanz, Benchmark, Konzeptidee, "professionelle Werbung und Akquisition", Marktpotential etc. Weule selbst ist Vorstandsmitglied der Daimler-Benz AG, Träger der Wirtschaftsverdienstmedallie in Gold und durch Asien-Aufenthalte Kenner des asiatischen Wirtschaftsraumes.
Das ID steht interessanterweise nur für "herausragende Studierende aus Asien und den USA" offen. Ist das eine besondere Form des modernen Rassismus? Wahrscheinlich nicht, denn letztlich wird auf Kosten der bestehenden Universität das ID in Zukunft für alle Studierenden ausgebaut und geöffnet werden. Der UStA Karlsruhe hat den Widerstand gegen das ID, dessen bauliche Errichtung mit der Grundsteinlegung auf dem Campus schon für Frühling 1998 beginnen soll, in den letzten Tagen kontinuierlich gesteigert. Während die Studierenden bei der Abstimmung für das ID in allen Gremien (Senat, etc.) erwartungsgemäß überstimmt wurden, konnten sie am Wochenende mit einem gezielt lancierten Artikel in der örtlichen Presse (BNN) zunächst die Öffentlichkeit sensibilisieren und auf den weiteren Zerfall der bestehenden Universität aufmerksam machen. Heute wurde dann den Studierenden mit einem Theaterstück im Mensafoyer die Auswirkungen von Elitebehandlung und weiterer finanzieller Selektion deutlich vor Augen geführt.
Die Pressekonferenz von Rektor Wittig, Prof. Weule und den anderen Befürwortern gestaltete sich für diese hingegen zur bitteren Blamage: Obwohl nur wenige Studierende zugelassen worden waren, brachten letztere mit einer guten Vorbereitung und geschickten Fragen über das neue "Spielzeug" der Veranstalter diese dermaßen ins Schwitzen und Stottern, dass auch die anwesende Presse kaum noch Fragen stellen wollte. Als Symbolfigur gegen das ID und gegen weitere solche "Lieblingskinder" hat der UStA das Tamagotchi auf seinem Info-Flugblatt gewäht. Weiter Aktionen sind geplant, wir sind gespannt...
Dieser Artikel wurde zitiert am: 26.03.2003
Lange Gesichter beim AStA in Kiel: Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hat ihm untersagt, weiterhin ein Semesterticket anzubieten. Grund war diesmal nicht irgendwas mit politischem Mandat, nein, ein Semesterticket gehört, wie schon im September vom OVG Düsseldorf befunden, zu den sozialen Belangen der Studis. Das Problem des Schleswiger OVG war, dass ein Semesterticket nützlich ist. Der AStA darf sich im Gegensatz dazu nur um notwendige Dinge kümmern. Abgesehen davon darf, so das OVG, ein AStA keine Dritten mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben betrauen, wenn also ein AStA ein Semesterticket anbieten will, muss ihm der Verkehrsverbund gehören. Wer sich da noch über den schlechten Ruf der JuristInnen wundert, sollte selbst Rechtsanwalt werden.
Glücklicherweise gefährdet der Richterspruch nicht das Heidelberger Semesterticket. Dank des hiesigen Unigesetzes gibt es ohnehin keine studentische Instanz, die auch nur dran denken könnte, mit irgendwem einen Vertrag von erheblicher Tragweite abzuschließen, und so läuft unser Studiticket über das Studentenwerk. Ein ähnliches Modell wird jetzt auch in Kiel etabliert werden. Hoffentlich findet sich kein Gericht, das auch dieses Modell noch abschießt...
Noch etwas: Gerüchte wollen wissen, dass der VRN plant, den Preis des Semesterticket nächstes Jahr um 10 auf 110 Mark zu erhöhen. Aus Kreisen der FSK hieß es dazu, die Erhöhung könne nach drei Jahren Preisstabilität hingenommen werden.
Nach 15 Jahren Arbeit wurde am 1.10. der Bericht des National Cancer Institute (NCI) der USA über die Folgen des Iod 131-Fallouts nach den oberirdischen Atombombentests in Nevada in den 50er und 60er Jahren veröffentlicht. Der wesentliche Schluss ist, dass diese Experimente 75000 zusätzliche Fälle von Schilddrüsenkrebs verursacht haben oder noch verursachen werden. Solche Zahlen gehören nicht an die Öffentlichkeit, meinte zumindest ein Unterausschuss des US-Senats und rüffelte den Direktor des NCI, Richard Klausner. Das Material ist aber weiterhin am Netz verfügbar, so z.B. ein executive summary oder -- der Tip der Redaktion -- eine Falloutkarte, die vielleicht ahnen läßt, wie lustig es hier wird, wenn irgendwer mal die Bombe wirft oder ein AKW hochgehen läßt.
Noch in jedem Wintersemester gibts irgendwo Studistreiks oder zumindest einige Unruhe -- in diesem Semester fängts allerdings sehr früh an: Im Anschluss an einer Vollversammlung mit etwa 1000 Leuten gab es an der Uni Gießen einen Demozug, der das Hauptgebäude der Uni besetzt hat und seitdem besetzt hält. Eine Ansprache des Uni-Präsidenten (Rektoren haben die in Hessen nicht) bewirkte lediglich, dass sich ein guter Teil der Studis ins Philosphikum aufmachte, um vier weitere Gebäude zu besetzen.
Eine weitere Vollversammlung heute wurde von 2000 Studis besucht, es wurden -- unvermeidlich bei einem Studistreik -- Arbeitskreise gebildet, die sich mit Fragen der Öffentlichkeitsarbeit, der Information der Studis, oder weiterer Aktionen beschäftigen werden, aber auch mit der Frage, welche Forderungen denn eigentlich mit dem Streik verbunden werden -- denn bislang ist der Streik allem Anschein nach nur Ausdruck des wachsenden Unwillens über den ungebremst fortschreitenden Abbau von Bildungsetats und -einrichtungen, mit dem konkreten Anlass, dass in Hessen ab diesem Semester eine Staatsexamensprüfung 1000 Mark kosten soll. Bis zum nächsten Donnerstag sollten die Positionen allerdings klar sein, dann naemlich sollen, so hoffen die Streikenden, die Finanz- und WissenschaftsministerIn aus Wiesbaden zu einer Diskussion kommen.
Der AStA Gießen hat versprochen, auf einer Ausnahme-Homepage ständig über die Entwicklung zu informieren. Die große Frage lautet jetzt, ob Gießen 1997 das wird, was Berlin 1988 war, oder ob auch dieser Unmutsausbruch von der Öffentlichkeit ignoriert wird, ganz wie die entsprechenden Aktionen in Berlin im Sommersemester vor einem Jahr oder Vergleichbares in Hildesheim auch so um die Zeit -- oder war es doch woanders?
Dieser Artikel wurde zitiert am: 12.11.2003
Gestern hat der Fakultätsrat der Philosophisch-Historischen Fakultät beschlossen, den Lehrstuhl für Wissenschaftstheorie zu schließen (die Stellen bleiben erhalten und werden anders ausgerichtet).
Das ist vor allem für NaturwissenschaftlerInnen bedauerlich, die sich bisher in einem anerkannten Nebenfach Philosophie einmal mit "Metagedanken" zu den Geschichten beschäftigen konnten, mit denen sie sonst ihre Hirne zermarterten -- in der Tat kann ein Studium der Wissenschaftstheorie mehr für saubere Methodik und gute Ergebnisse tun als 20 Blockpraktika zusammen. Aber nein, damit soll jetzt Schluss sein.
Noch ist nicht alles zu spät: Die Änderung des Lehrstuhls muss erst noch durch den Senat, der -- wenn nichts dagegen unternommen wird -- am 11.11. dem Fakrat grünes Licht geben wird. Jedoch haben viele Fachbereiche ein Interesse am Fortbestehen der Wissenschaftstheorie, das den jeweiligen DekanInnen wohl nur klargemacht werden muss. Also: Versucht, mit Profs zu reden, vielleicht stoßt ihr ja auf einen, der sich bei seinem Dekan für die gute Sache verwendet. Wer weitere Ideen hat, was für den Erhalt der Wissenschaftstheorie zu tun ist, kann sich an die FS Philosophie (die im Zuge der Umrichtung eine "Nivellierung zu einem Hermeneuten-Klumpen" befürchtet) wenden.
"Demokratie ist doof, und die Gesellschaft muss sich aber ganz arg ändern" -- wer sowas sagt, ist im Normalfall fällig für den Verfassungsschutzbericht. Wenn sich unser Rektor nicht demnächst auf dessen Seiten wiederfinden will, sollte er seine Diktion etwas mäßigen, denn das, was er während der gestrigen "Lokaltermin"-Sendung im Marstallhof vor laufenden Kameras äußerte, kam dem Statement oben sehr nahe.
Der "Lokaltermin" ist eine Sendung des SDR, in der auch immer wieder Podiumsdiskussionen aus der Provinz ausgestrahlt werden -- unvergessen ist etwa die Veranstaltung im Januar 1993 (leider beginnt unser elektronisches Archiv einen Monat zu spät), während der unserem Wissenschaftsminister Trotha vor der bis zum Rand gefüllten Aula der neuen Uni sein berüchtigtes Grinsen aus dem Gesicht fiel. Gestern also eine Veranstaltung in kleinerem Rahmen: Vielleicht hundert Leute hatten sich im Marstallsaal versammelt, um einer Diskussion zwischen Rektor Siebke, einem SPD-Jurastudi aus Tübingen und einer Vertreterin der FSK über Siebkes Lieblingsthemen Auswahlgespräche und Studiengebühren zu lauschen. Zwanzig Minuten davon -- leider die langweiligeren zwanzig Minuten -- gingen live ins Land hinaus.
Während dieser (ansonsten nicht allzu ergiebigen) Diskussion äußerte Siebke, ein grundlegender Mentalitätswandel in Gesellschaft sein nötig, was er auf Rückfrage zu "Mehr Wettbewerb, überall" konkretisierte. Also: Weg mit der FDGO, die steht da nur im Wege. Und in der Tat, von dem SPD-Menschen angegriffen, gerade er "als Ökonom " habe vielleicht ein "etwas eingeschränktes Demokratieverständnis", versuchte sich Siebke nicht zu rechtfertigen, sondern räumte offen ein, dass wir zwar in einer parlamentarischen Demokratie leben würden (schade, dass ihm nicht noch ein "leider" rausgerutscht ist), daraus aber keineswegs folge, dass es auch überall demokratisch zugehen müsse. Ein großartiges Argument, nur dass eine Uni halt doch was anderes ist als die Schreinerei Eder. Aber das versteht ein Ökonom vermutlich nicht.
Dass Siebke ein Mann der starken Worte ist, war eigentlich schon vor seiner Wahl zum Rektor klar. Dass er es so wild treibt, hat wohl auch das Publikum überrascht, und so blieb der Applaus für ihn auch durchweg sehr dünn -- seinen einzigen Szenenapplaus bekam er für die tiefsinnige Aussage "Nicht alle Dinge sind gleich". Nicht nur für das Publikum muss sich wohl die Frage stellen, ob ein solcher Frontkämpfer der konservativen Revolution, direkt aus dem England der frühen 80er zu uns gebeamt, als Rektor der Uni Heidelberg tragbar ist.