Hochschulen
Die Informationstechnologie revolutioniert die Universitäten: Studenten recherchieren in Datenbanken, Professoren publizieren ihre Forschungsergebnisse im Internet, Wissenschaftler kommunizieren via E-Mail von Kontinent zu Kontinent. Ohne Computer läuft in der Wissenschaft nichts mehr.
Mit einer Schlagbohrmaschine, Hammer und Meißel bahnten sich die Studenten im Wohnheim 1 der Technischen Universität Clausthal den Weg in die Zukunft.
Die Jungakademiker verlegten ein fingerdickes Kabel in jedes ihrer 29 Zimmer, fein säuberlich durch Kunststoffabdeckungen geschützt. Sie installierten Anschlüsse und Verbindungen. Nach zwei Tagen gemeinsamer Anstrengung begann für die angehenden Physiker, Maschinenbauer und Chemiker eine neue Zeitrechnung: Jede der nur wenige Quadratmeter großen Buden ist jetzt direkt mit dem Rechenzentrum der Uni und dem Internet, dem weltweit größten Computernetz, verbunden. Jeder Student besitzt ein eigenes elektronisches Tor zur Welt.
Seit etwas mehr als einem Jahr sind die Clausthaler Hochschüler vernetzt. Bei Katja Liehmann, 24, steht der Computer unter dem Hochbett neben einem alten Röhrenradio. Die Maschinenbaustudentin schickt Nachrichten an ihre Professoren längst nur noch per E-Mail. Ihr Mitbewohner, der Physikstudent Stefan Prescher, 23, recherchiert für seine Hausaufgaben in internationalen Datenbanken. Für Prescher ist die wissenschaftliche Arbeit "ohne Computer und Datennetze nicht mehr denkbar".
Über das Internet laufen die Kontakte zu ausländischen Kommilitonen und Hochschulen, etwa nach England oder in die USA. Der Computer verbindet die abgelegene Provinz-Uni direkt mit den großen Wissenschaftszentren rund um den Globus.
Die Informationstechnologie revolutioniert die Hochschulen: Studenten tippen ihre Hausarbeiten in den Computer, Professoren publizieren ihre Forschungsergebnisse in Datennetzen, Dozenten setzen Lern- und Simulationssoftware ein, Bibliotheken gehen online, die ersten Fachzeitschriften erscheinen ausschließlich elektronisch.
Kaum eine Universität ist heute noch ohne Anschluß an das Internet mit seinen rund 35 Millionen Nutzern. Im World Wide Web (WWW), einem multimedialen Informationssystem des Internet, präsentieren sich über 1000 Hochschulen aus knapp 60 Ländern in Text und Bild, von der Universität Jyväskylä in Finnland bis zur Ateneo de Manila Hochschule auf den Philippinen. Auch die deutschen Hochschulen sind im WWW vertreten - von der Freien Universität Berlin bis zur Katholischen Universität Eichstätt.
Der amerikanische Vizepräsident Al Gore wie der deutsche Bildungs- und Wissenschaftsminister Jürgen Rüttgers fordern den zügigen Ausbau der sogenannten Datenautobahn, immer dichter umspannt ein Netz aus Info-Leitungen die Erde. Bereits heute sind in mehreren tausend wissenschaftlichen Datenbanken unzählige Informationen gespeichert.
"In Zukunft wird der Student am Computer wie ein Pilot am Flugsimulator durch unendliche Datenmassen steuern", sagt Norbert Bolz, Professor für Kommunikationstheorie an der Universität Essen. Nach Schätzungen von Experten besitzen in der Bundesrepublik in den naturwissenschaftlichen Fächern bereits 80 bis 90 Prozent aller Studenten einen PC, selbst in den Geisteswissenschaften steht bei rund der Hälfte ein Rechner auf dem Schreibtisch.
"Die Computertechnologie wird alle Bereiche der Hochschulen verändern", prophezeit Klaus Haefner, Informatik-Professor in Bremen. EDV-Spezialist Gerhard Schneider von der Karlsruher Uni betont: "Grundlegende Computerkenntnisse sind heutzutage zwingend für einen Wissenschaftler."
Und für Studenten: Zahlreiche Fächer wie Physik an der Universität Stuttgart oder Psychologie an der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg verbreiten ihre Vorlesungsverzeichnisse nicht nur als Broschüre, sondern auch über Datenleitung. Die Erziehungswissenschaftler an der Berliner Humboldt-Universität bieten für Anfänger sogar Studienberatung via Internet. Vorteil: Wer sich außerhalb Berlins über die Studienmöglichkeiten informieren will, braucht nicht extra anzureisen.
Heinz Lothar Grob, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Universität Münster, verteilt Skripte zu seinen Vorlesungen und Seminaren ebenfalls per Datenleitung. Die Studenten können die Texte auf ihren Rechnern wesentlich bequemer als auf Papier durch eigene Anmerkungen oder Grafiken verändern und sich ein Archiv anlegen, das stets auf dem neuesten Stand ist.
Als einer der ersten Hochschullehrer in Deutschland arbeitet Grob im gerade begonnenen Sommersemester auch in Vorlesungen mit Multimedia. Computer und Großbildschirm ersetzen Tafel und Kreide. In die Anfängervorlesung "Leistungs- und Kostenrechnung" baut der Wissenschaftler rechnergesteuerte Bilder und Grafiken ein. "Gerade bei Massenvorlesungen für 500 oder mehr Studenten kann ich dadurch die Qualität des Unterrichts verbessern", glaubt Grob.
An amerikanischen Hochschulen ist der Computer bereits so selbstverständlich wie Füllfederhalter und Papier.
Die Musikstudenten der Carnegie Mellon University in Pittsburgh etwa komponieren am Bildschirm. "Das machen heute auch die großen Stars", sagt Brian Robick, 20. Sein Architekturkommilitone entwirft am Terminal Häuser und Städte der Zukunft. "Ohne 3-D-Simulation bräuchte ich für viele Planungen wesentlich länger", sagt Marc Tinkler, 21. Die Computermaus hat Bleistift und Lineal verdrängt.
Vor allem aber lernen die Studenten so den neuesten Stand der Technik kennen, ein großer Vorteil für den späteren Berufseinstieg.
Das gilt auch für die Wirtschaftswissenschaftler. Aus einem ihrer Seminarräume dringt mehrmals in der Woche wildes Geschrei. Rund 30 Studenten rudern mit den Armen, brüllen durcheinander, hacken auf ihre Tastaturen - die Studenten spielen Börse.
Das Faszinierende an dem Tohuwabohu: Die künftigen Broker sind über ihre Computer direkt mit der New Yorker Wall Street, dem größten Finanzplatz der Welt, verbunden. "Was Sie hier sehen, das sind die echten Informationen in Echtzeit", berichtet Wissenschaftler Gary Williams begeistert, "das ist keine Simulation."
Tatsächlich arbeiten die Studenten unter vollständig identischen Bedingungen wie die Profis in Manhattan. Mit einem klitzekleinen Unterschied: Die Millionen-Dollar-Geschäfte der jungen Börsenmakler bleiben ohne Folgen.
Die Geschäftstätigkeit der Studenten endet stets exakt zur gleichen Zeit wie in New York: Das klassische Glockenzeichen, mit dem die Börse schließt, wird live in den Seminarraum übertragen.
Selbst im Fachbereich Ethik schärfen die Studenten in Pittsburgh ihre Urteilskraft mit Hilfe einer CD-Rom. Die Frage, ob ein Mensch das Recht hat, sich selbst zu töten, diskutieren die Seminarteilnehmer anhand eines interaktiven Lernprogramms. Erschütternde Filmausschnitte und Interviews mit einem Schwerstverletzten wechseln mit Fragen an den Betrachter. Je nach den Antworten der Studenten reagiert das Programm unterschiedlich. "Der Computer bietet für alle Fächer neue Ressourcen", sagt Ethik-Lehrer Robert Cavalier.
Während für die Abiturienten der Nintendo-Generation der Computer ein selbstverständliches Arbeitsmittel ist, lehnen viele Professoren die grauen Kästen noch immer ab. Gängigstes Argument: Der Computer könnte das Buch verdrängen. Die Sorge ist so unbegründet wie die Angst des Philosophen Platon, der vor über 2000 Jahren zu Unrecht befürchtete, durch die Verbreitung des Schreibens werde das Gedächtnis der Menschen geschwächt. Und die Gelehrten des Mittelalters täuschten sich, als sie annahmen, der Buchdruck verdränge das Schreiben.
Weder Standardwerke noch Lehrbücher werden wegen des Computers aus den Regalen der Büchereien verschwinden. Doch die unangefochtene Machtposition, die das gedruckte Wort seit Jahrhunderten im Wissenschaftsbetrieb hat, wird es einbüßen.
An der Universität Bielefeld können Studenten und Dozenten seit April letzten Jahres an jedem Uni-Computer und per Datenleitung zu Hause im Katalog der Uni-Bibliothek nachschlagen, in rund 11 000 Zeitschriften recherchieren und Dokumente bestellen. Kürzere Artikel werden den Kunden direkt auf den Bildschirm geliefert. Anfang dieses Jahres haben die Hochschulbibliotheken in Nordrhein-Westfalen das Bestell- und Liefersystem Jason (Journal Articles Sent On Demand) eingeführt. Die Datenbank bietet Zugriff auf rund 40 000 Periodika.
In den USA sind viele Hochschulen noch fortschrittlicher. In der neuen Bibliothek der Biowissenschaften an der University of California in Berkeley können die Benutzer an jedem Platz in den Lesesälen ihr Notebook per Steckverbindung an das universitäre Netzwerk anschließen. Noch in diesem Jahr werden sich die Studenten auch in der Haupt-Bibliothek von ihren Arbeitstischen aus direkt in das Internet einklinken können.
Die California State University ist schon weiter: Auf ihrem neuen Campus bei Fort Ord südlich von San Francisco, der im Herbst eingeweiht wird, gibt es überhaupt kein Bibliotheksgebäude. "Wir brauchen heutzutage keine traditionelle Bücherei mehr", erklärt der Kanzler der Universität, Barry Munitz. Er wolle das Geld statt in Backsteine lieber in Computer investieren, die Informationen liefern.
Immer mehr Forschungsergebnisse werden heutzutage elektronisch veröffentlicht. So verschickt der Physiker Paul Ginsparg vom US-Nationallaboratorium von Los Alamos täglich die Zusammenfassungen von neu eingetroffenen wissenschaftlichen Arbeiten aus den Bereichen Mathematik und Physik über Computer an rund 20 000 Wissenschaftler in über 60 Ländern.
In den USA existieren schon über 400 elektronische Fachzeitschriften und Newsletter. In weit über 1000 elektronischen Diskussionsforen erörtern Mediziner, Philosophen und Volkswirte wissenschaftliche Fragen. Die digitalen Blätter Physica C und Psycoloquy gehören zum Standardrepertoire von Physikern und Psychologen.
Noch sind erst wenige der sogenannten E-Journale unter Wissenschaftlern voll anerkannt. Aber das wird sich schnell ändern: Bereits rund 100 elektronische Magazine lassen eingereichte Artikel vorab durch einen Beirat anerkannter Fachkollegen beurteilen, genauso wie es bei traditionellen wissenschaftlichen Zeitschriften üblich ist. Biologie-Professor David Wake von der Berkeley-Universität prophezeit: "Im Fach Biologie beispielsweise werden in einigen Jahren alle wichtigen Forschungsergebnisse in elektronischen Magazinen veröffentlicht werden."
Ein entscheidender Vorteil des elektronischen Publizierens ist die Schnelligkeit. Die Pharmazeitschrift Current Clinical Trials bringt Prüfergebnisse neuer Medikamente innerhalb 48 Stunden, traditionelle Wissenschaftsmagazine benötigen dafür mehrere Monate.
Das digitale Veröffentlichen ist zudem wesentlich billiger. Die Preise für Fachzeitschriften haben sich seit Anfang der achtziger Jahre zum Teil verdreifacht. Das Chemiker-Blatt Journal of Organic Chemistry verteuerte sich allein seit 1992 von 518 auf 992 Dollar im Jahr. Die elektronischen Publikationen werden meist von Wissenschaftlern selbst unentgeltlich hergestellt, Ausgaben für Verlag und Druck entfallen. Die Empfänger müssen nur die geringen Übertragungskosten bezahlen. Die Autoren verdienen nichts, gewinnen aber auf diesem Wege viele wertvolle Kontakte.
Jeder Interessierte kann digitale Fachzeitschriften überall lesen, jeder Professor oder auch Student bei ausreichender Nachfrage eine Zeitschrift oder einen Newsletter ins Leben rufen.
Noch sind einige wichtige Punkte ungeklärt. Auf die Frage, wie die Urheberschaft von Texten gesichert werden kann, gibt es bisher keine schlüssige Antwort. Beim elektronischen Diskurs im Internet ist es hin und wieder schwierig, den Ursprung einer Aussage zu ermitteln. "Wenn die Dokumentation nicht sichergestellt werden kann, müssen wir uns vom Schutz des geistigen Eigentums verabschieden", sagt Arnoud de Kemp, Entwicklungsdirektor beim Wissenschaftsverlag Springer.
Andere Fachleute warnen vor einer Informationsflut, die über die Hochschulen hereinbrechen könnte. Sie fordern für den Nutzer die Möglichkeit, Schlüsselinformationen schneller zu erkennen. Es müsse zwischen originären Texten und Bewertungen oder Analysen besser unterschieden werden.
Trotz dieser Schwierigkeiten zweifelt Wolfgang Effelsberg nicht am Siegeszug des Computers. Der Informatik-Professor der Universität Mannheim experimentiert seit dem vergangenen Semester mit Teleteaching. Dabei werden Vorlesungen oder Seminare per Datenleitung live von einer Uni zu einer anderen gesendet.
Anders als bei Fernsehübertragungen können sich die Studenten an beiden Orten in die Vorlesung direkt einmischen und sowohl mit dem Professor als auch untereinander diskutieren. Der Dozent ist in der Lage, auf den Großbildschirmen zusätzlich Animationen, Grafiken oder Filme einzublenden.
Die Mannheimer Universität will auf diese Weise Informatik-Vorlesungen nach Heidelberg exportieren, die Heidelberger Hochschule Physik-Stunden nach Mannheim. Der Vorteil: Beide Hochschulen können ihren Studenten Kurse anbieten, ohne dafür eigene Dozenten beschäftigen zu müssen.
Für eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Universität Karlsruhe und der Carnegie Mellon University in Pittsburgh bietet die Bildübertragung per Netz noch einen weiteren Vorteil. Professor Alexander Waibel entwickelt mit Studenten beider Hochschulen Computerprogramme, die gesprochene Sprache direkt in eine Fremdsprache übersetzen. Tauchen schwierige Probleme auf, schließen sich die Wissenschaftler zu einer Videokonferenz zusammen.
"Teleteaching wird nur eine ergänzende Form des Lernens sein, aber eine wichtige", sagt Effelsberg. Entscheidend für ihn: "Die Ressourcen der Hochschulen werden besser ausgenützt."
Einige Experten sagen für die Zukunft einen weltweiten Austausch von Lernmitteln voraus. Bereits heute kann jeder Medizinstudent über das Internet auf einem Rechner des Lawrence Berkeley Laboratoriums in den USA einen virtuellen Frosch sezieren. Per Mausklick entfernt der angehende Arzt oder Veterinär die Haut des Amphibiums und legt das Skelett oder einzelne Organe frei - wahlweise vom Rücken oder Bauch aus.
Anglisten schwören auf das Project Gutenberg, eine öffentlich zugängliche Datenbank am Benedictine College in Lisle, US-Bundesstaat Illinois. Dort sind mehr als 200 digitalisierte Bücher, größtenteils Klassiker wie Shakespeares gesammelte Werke, kostenlos abrufbar - für empirische Textanalyse eine große Hilfe.
Ob die Technologie hilft, Geld zu sparen, wie viele Bildungsplaner hoffen, ist dagegen mehr als fraglich. Noch müssen Milliarden in die Infrastruktur (schnelle Netze, leistungsfähige Rechner) investiert werden. Moderne Software wird die Hochschulen viel Geld kosten. Daß die Computertechnologie für weniger Professoren bei gleicher Studentenproduktion und besserer Forschung sorgt - diese Gleichung wird nicht aufgehen. Denn auch der Computer kann die persönliche Betreuung der Studenten durch die Professoren nicht ersetzen.
Doch die Entwicklung ist nicht aufzuhalten: Während an deutschen Unis Studenten oft noch enorme Schwierigkeiten haben, einen persönlichen Zugang zum Computernetz ihrer Hochschule zu bekommen, erhält an der Universität in Pittsburgh jeder Neuling bei der Einschreibung automatisch einen sogenannten Account, eine Zugangsberechtigung. Am traditionsreichen Dartmouth College im US-Bundesstaat New Hampshire muß jeder Bewerber nachweisen, daß er einen eigenen PC besitzt - ohne Rechner kein Studienplatz.
Neuartige Institutionen wie die Globewide Network Academy oder die Virtual Online University versuchen gar, sich als Akademien und Hochschulen zu etablieren, die ausschließlich im Internet existieren.
Dozenten und Studenten der Bildungseinrichtungen, die nur als Computerstandorte vorhanden sind, kommen aus unterschiedlichen Kontinenten. Kurse gibt es bereits in verschiedenen Fächern wie Wirtschaftswissenschaften, Geschichte und Geographie. Die wissenschaftliche Qualität des Angebots ist allerdings noch sehr unterschiedlich, eine Konkurrenz für traditionelle Hochschulen sind die Neugründungen noch nicht.
Längst nutzen die Studenten die Computernetzwerke auch für ihre persönlichen Interessen, sie verabreden sich per E-Mail für das Kino oder rechnen die Getränkekasse der Wohnheimküche über das Netz ab. Zahlreiche Studenten-Magazine wie Unimut aus Heidelberg erscheinen elektronisch. Am Saint Olaf College in den USA stellen sich die Kandidaten für das Studentenparlament im Internet vor. Das studentische "More Theater" der Universität Freiburg präsentiert Texte und Hintergrundinformationen zur aktuellen Inszenierung des Stücks "Extremities" von William Mastrosimone via Internet.
Experten wie Professor Haefner von der Uni Bremen befürchten, die Bundesrepublik könnte bei der Rasanz der weltweiten Entwicklung gegenüber Hochschulen im Ausland zurückfallen - unter anderem aus finanziellen Gründen. Bund und Länder sparen kräftig an den Bildungsetats.
Den Universitäten fehlt häufig das Geld, um gute Hard- und Software anzuschaffen. Dazu kommt die oft ablehnende Haltung vieler Lehrenden. Haefner: "Die deutschen Studenten werden geradezu diskriminiert."
Peter Agha Ebrahim, 27, von der Universität Mannheim hat als einer der ersten Studenten in der Bundesrepublik seine Diplomarbeit als Hypermedia-Werk vorgelegt. Unter Hypermedia verstehen Fachleute eine elektronische Kombination von Texten, Grafiken, Bildern und Tönen, die untereinander auf verschiedene Weise verknüpft sind. Der Betrachter kann sich seinen eigenen Informationsweg durch das digitale Multimedia-Opus suchen.
Diese neue Darstellungsform hat sich Student Ebrahim für seine Arbeit über die computergestützte Erkennung von Filmgenres angeboten. Das Werk liegt im Netz der Universität Mannheim vor, und jeder kann es per Internet lesen.
Fürs Examen gestaltete Ebrahim eine multimediale Präsentation, sein Professor erkundete das Werk interaktiv am Bildschirm. Der Wissenschaftler war beeindruckt und vergab die Note 1,0.
Nur für das Prüfungsamt wurde noch ein Not-Ausdruck schwarz auf weiß gemacht. Denn eines war in der digitalen Version nicht möglich: Ebrahim konnte die bei jeder Diplomarbeit geforderte ehrenwörtliche Erklärung, die Arbeit selbständig und nur mit erlaubten Hilfsmitteln gefertigt zu haben, nicht unterschreiben.
Das geht nur auf Papier - auch in Zukunft.
DER SPIEGEL 18/1995 - Vervielfältigung nur mit Genehmigung des SPIEGEL-Verlags