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Rede zur Erstsemesterbegrüßung Wintersemester 2001/2002

Einen schönen guten Morgen liebe Magnifizenz, liebe Spektabilitäten (für die die es nicht wissen: so wollen der Rektor und die Dekane angeredet werden!), liebe Stadtväter/liebe Stadtmutter, liebe Presse, liebe Sängerknaben, liebe Eltern..., liebe Kinder!

Ich begrüße euch im Namen der Fachschaften und der Fachschaftskonferenz (FSK), dem Zusammenschluss der Fachschaften dieser Universität.

Die meisten von euch haben jetzt schon mal die erste Hürde geschafft - die Immatrikulation. An der Uni Heidelberg werdet ihr studieren - der Ruperto Carola, der ältesten Universität unserer Republik. Bereits auf Seite 13 des Personalverzeichnisses werdet ihr eine Liste der Nobelpreisträger eurer neuen innovativ strukturierten Alma mater finden. Im Rahmen der Begrüßungen heute und auch in anderen Broschüren werdet ihr Einiges darüber finden, wie herausragend hervorragend die Uni Heidelberg ist. Einzelne werden schon jetzt darauf stolz sein, in Heidelberg, an dieser „traditionsreichen“ Universität, eingeschrieben zu sein.

Aber Tradition schützt nur ProfessorInnen vor Unbill. Die Studierenden stehen mittlerweile im Visier von Politik, Universitätsleitung ,leider auch finanziellen Interessenträgern und neuerdings auch der Rasterfahndung. Für die PolitikerInnen wie auch breiten Kreisen der Öffentlichkeit stellt die Universität eine Ausbildungsstätte dar, an der WIR notorisch zu lang verweilen. Aus der Sicht einiger ProfessorInnen und einigen Vertretern der Verwaltung sind die Universitäten primär Forschungsstätten, deren epochale Arbeit durch den Lehrbetrieb beeinträchtigt wird - auch wenn es nicht laut gesagt wird. Bei der Diskussion um universitäre Forschung und Wirtschaftlichkeit der Uni finden sich die Studierenden am Ende der Nahrungskette.

Dennoch, Erstsemester müssen nicht in die Röhre gucken - denn es gibt sicher sinnvolle Infos vom Beamer in der Universitätsverwaltung. Doch nun zu etwas völlig anderen.

In der nächsten Zeit werdet ihr erst mal einige Bekanntschaften machen, Erfahrungen sammeln und Entscheidungen treffen. Und dazu möchte ich euch ein paar unserer eigenen Erfahrungen mit auf den Weg geben:

  1. Gestaltet euer Studium selber! - Auch wenn ihr durch Gegenstandskataloge, Approbationsordnungen, Orientierungsprüfungen, Zwischenprüfungen, Vordiplom, Bildungsguthaben, Sprachanforderungen etc. strukturiert werdet. Aber: gestaltet euer Studium auch mit anderen! Es ist auch und gerade bei steigendem Druck von außen wichtig und sinnvoll, in Gruppen zu arbeiten! Nehmt daher auch die Hilfen in Anspruch, die von den Institutionen, Fakultäten, dem Zentrum für Studienberatung und Weiterbildung (ZSW) und den Fachschaften geboten werden! Das bezieht sich bei weitem nicht nur auf Prüfungsvorbereitungen. Es ist sehr wichtig, dass man von Studienbeginn an offen ist gegenüber möglichen Studienproblemen und Unsicherheiten, und nicht bloß alles passiv auf sich zukommen lässt. Zumal wenn es anderen genauso ergeht, lässt sich gemeinsam manches ändern.

  2. Nutzt die Zeit - überstürzt nicht! - Ein schnelles Studium alleine bringt noch keinen Job, man sollte sich nicht durch anderslautende Berichte verrückt machen lassen! Lasst euch nicht von Prognosen leiten. Sie lauten heute so und morgen so. Schnelligkeit alleine ist kein Indiz für Begabung und Leistungsstärke. Ein Semester mehr kann euch um die Erfahrungen und das Wissen eines Jahres bereichern. Fachwechsel ist übrigens - noch - nicht verboten - sondern in vielen Fällen sinnvoller als ein Festhalten am falschen Studium - selbst wenn ihr in Baden-Württemberg dann gegen Studienende einen Tausender drauf legen müsst. Vermeidet dennoch unnötige Studienfachwechsel, sammelt ausreichend Informationen zum neuen (Traum-)Fach. Nebenbei gesagt, ein Studienortwechsel „(„oder gar ein Bundeslandwechseln“)“ könnte zweckmäßiger sein, als ein Fachwechsel.

  3. Wenn ihr Fragen habt, dann stellt sie! - Stellt sie, egal ob ihr Kommilitoninnen oder Kommilitonen fragt, ob ihr im Institut, in Sprechstunden, bei der Fachschaft, bei den Dekanen oder in der Verwaltung Fragen stellt. Im Fall der Studiendekane solltet ihr eine Kopie eures Anliegens an die Studienkommission nicht vergessen! Denn vielbeschäftigte Personen übersehen gelegentlich mal etwas... Nur wenn ihr fragt und nachhakt, bekommt ihr Antworten. Lasst euch dabei weder von Worthülsen abhalten, noch durch abfällige Blicke oder Kommentare. Und vor allem: seid hier nicht zu stolz!

Fragt solange bis ihr eine Antwort habe. Und lasst euch möglichst alles schriftlich geben - im letzten Jahr sind schon wieder zahlreiche Hürden in Form von Fristen eingeführt worden, insbesondere die Orientierungsprüfung. Bevor ihr eine überseht, lasst euch lieber schriftlich geben, dass ihr sie überstanden habt, oder sie nicht für euch gilt. Gebt aber auch nicht zu früh auf - denn selbst Formbriefe der Verwaltung haben sich schon als falsch herausgestellt. Und noch eins: das Wissen um die Deadline eines Dokuments kann wichtiger als der Inhalt des Dokuments selbst sein, DAS ist Bürokratie.

Zum Schluss: seid misstrauisch aber auch neugierig und verliert nicht die Freude am Studium. - Gebt nicht klein bei! - organisiert euch und eure Bedürfnisse innerhalb und außerhalb der Universität.

Sehr schön aus Sicht der Fachschaften wäre übrigens, wenn ihr euch in universitären Zusammenhängen, in Fachschaften oder Hochschulgruppen, studentischen Initiativen oder Hochschulgemeinden, in Studizeitungen, Theatergruppen, Chören und Orchestern und dergleichen einbringt. Wir betonen dies, denn ihr werdet selten so viele Möglichkeiten haben euch zu engagieren und euer Leben FREI zu gestalten. Natürlich wäre dies dann auch gut für eure Universität - und auf das, was ihr da macht, könnt ihr dann wirklich stolz sein. Selber zu etwas Außerordentlichen beizutragen, ist doch etwas anderes, als stolz auf etwas zu sein, das man nicht getan hat.

So, und nun noch ein Nachruf auf die D-Mark: Ab diesem Semester gibt es Essen und Trinken nur für Plastikgeld, somit die Campus-Card obligatorisch. Damit kann es für den modernen Studi nichts peinlicheres mehr geben, als mit leeren Karten an der Kasse zu stehen.

<Karte ziehen>

Na dann, prost Mahlzeit! <reinbeißen!>

Vielen Dank.


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