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Gehört zu "Preis der Freunde" an die Anstifter -- Red.


Laudatio zur Verleihung des Preises der Freunde 2001

auf die studentische Theatertruppe „Die Anstifter“

Ein straffes Studium mit kurzer Studienzeit gilt zunehmend als Voraussetzung für späteres erfolgreiches Leben. Neue Abschlüsse, per Definition arbeitsmarktorientiert, stehen im Mittelpunkt des Interesses und werden politisch propagiert. Neu muß alles sein, international, und angereichert mit am besten digitalisierten Schlüsselkompetenzen.

Aber vielleicht muß man gar nicht das Rad neu erfinden, um für das Leben, nicht für die Schule zu lernen, vielleicht gibt es auch ganz klassische Betätigungsformen, die nicht in eine Studienordnung Eingang finden, sondern außerhalb der Hörsäle in eigener Verantwortung praktiziert werden. Diese Tätigkeiten können organisatorischer Art sein, karitativer, politischer, aber auch künstlerischer Natur, und ganz ohne Zutun staatlicher Programme oder Gesetze sich entfalten; es ist zu hoffen, daß nicht auch sie bald in Strukturpläne und Zielvereinbarungen gegossen werden müssen. Mitnichten ist mit solchen Betätigungen das Vernachlässigen des Studiums automatisch verbunden. Im Gegenteil stellen sie eine Bereicherung und einen integralen Teil gerade einer klassischen Universität dar, von welchem Studierende und Lehrende profitieren. Was wäre das für eine Universität, in der sich alles ausschließlich in den Büchern, pardon, den neuen Medien vergräbt? Der Förderung solchen Engagements dient der Preis der Freunde.

Eines der genannten Beispiele ist Kunst, von der Adorno sagt: „Kunst ist Magie, befreit von der Lüge, Wahrheit zu sein“, Zitat Ende, und ein Beispiel dafür wiederum ist professionelles Theater.

Die „Anstifter“ wurden 1995 von StipendiatInnen der „Studienstiftung“ gegründet, die sich kurzfristig zur Aufführungen eines Stückes entschlossen hatten. Anfangs erhielt die Truppe noch Finanzierung durch die Stiftung, seit 1997 ist sie jedoch völlig autark und steht allen theaterinteressierten Studierenden offen. Obschon Regie und Besetzung naturgemäß der Fluktuation studentischer Gruppierungen unterworfen sind, werden jedes Jahr zwei Stücke aufgeführt, die einen unersetzbaren Teil des Heidelberger Kulturangebotes, und eben auch der Universität bilden.

Das Repertoire reicht von historischen Stoffen wie Schillers „Maria Stuart“ oder Sartres „Troerinnen“ bis zu zeitgenössischeren Werken wie „Eines langes Tages Reise in die Nacht“ von O'Neill, das hinter die tägliche Fassade einer gutbürgerlichen Familie blickt, Mann's „Geschwistern“, die eisern an ihre Scheinwelt glauben, aus der ein Ausbruch gar per Intrige verhindert wird, oder Canettis „Befristeten“, in welchem selbst Geburt und Tod der Menschen eines totalitären Dystopia durch Autorität festgelegt sind.

Die „Anstifter“ beschränken sich bei ihren Inszenierungen nicht auf die Reproduktion des Stoffes oder auf Imitation vorhandener Inszenierungen professioneller Bühnen. Das haben sie gar nicht nötig. Eigene Akzente setzen sie, nutzen die Instrumente des Theaters wie auch unkonventionelle Mittel. Die Arbeit mit fahlem Licht verdichtet bedrohliche Atmosphären; Beleuchtungswechsel hilft dem Zuschauer bei der Unterscheidung zwischen realem Geschehen und gedanklichen Vorgängen. Zeitungsausschnitte im Foyer versetzen das Publikum in der Pause in die betreffende Zeit und verdeutlichen den Aktualitätsbezug gerade historischer Handlungen. Die schauspielerischen Leistungen schließlich, Grundlage jedes Spiels, können sich mit professionellem Theater messen. Die Kritiken sprechen eine deutliche Sprache, ein erster Preis der „Heidelberger Theatertage“ ebenfalls.

Damit hat sich die studentische Theatergruppe „Die Anstifter“ als fester Bestandteil der regionalen Theaterlandschaft und besonders des universitären Lebens etabliert, und vereint die Kriterien für die Preisvergabe auf sich. Daß sich die Aufführungen im „Romanischen Keller“ und im „Karlstorbahnhof“ nicht nur an Studierende, sondern auch an Normalsterbliche wenden, ist, denke ich, ein verzeihlicher „Makel“...

Daher gebührt der „Preis der Freunde 2001“ der Theatergruppe „Die Anstifter“. Möge er ihr helfen, sich noch weiter zu entfalten, Ressourcen zu nutzen, und sich von Alltagssorgen zu entlasten. Möge die Gruppe auch ihren Stil und Charakter bewahren, unabhängig vom Geburtsjahr der Dichter wie von der Währung des Preises.

Herzlichen Glückwunsch!


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