Inhalt UNiMUT Extra vom 12.2.1993 Presseerklaerung der Wagenburg Momentane Situation der Studienreformdebatte Artikel Uni-VV !!!!!!!!!!!!!!!!! mit Beschluessen!!!!!!!!!! Kurzkommentar zur Uni-VV VV zum Studi-Ticket ****************************** Wagenburg Presseerklaerung vom 08.02.93 Mit menschenfeindlicher und vorurteils- beladener Hetze, wie sie von der CDU, diversen Vereinen und der neonazistischen Aktionsfront Nationaler Kameraden immer wieder gegen uns verbreitet wird, muessen wir wohl leben. Auf solche dumpfen Parolen wollen wir auch nicht mehr antworten. Aber die juengste Presseerklaerung der SPD- Fraktion verlangt dann doch nach einer Stellungnahme. Diese sich "sozial" und "demokratisch" nennenden Damen und Herren sind der Meinung, dass Wagenburgen "widerrechtliches Handeln" darstellten. Waere da dann nicht doch zu fragen, was mit diesem Recht nicht in Ordnung ist, wenn eine Lebensform, an der laut SPD "nichts zu kritisieren" ist, zum Unrecht gestempelt wird. Das wichtigste Argument der SPD ist je- doch, dass hier ein Praezedenzfall geschaffen wuerde. Wir koennen durchaus verstehen, dass SozialdemokratInnen einen Praezedenzfall befuerchten, wenn Menschen sich das Recht nehmen, das ihnen schon lange zusteht. Aber Menschen, die in Waegen leben hat es schon immer gegeben und wird es weiterhin geben. Wagenburgen lassen sich nicht durch Schreibtischbeschluesse aus der Welt schaffen. Es wird sie weiter geben; in Heidelberg und anderswo. Im uebrigen ist das Gezeter, "wenn das alle machen wollten", absurd. Obwohl die SPD wie alle vernuenftig den- kenden Menschen wissen, dass nicht alle so leben wollen. Die SPD verschweigt in ihrer Erklaerung, was sie denn nun mit der (existierenden) Wagenburg tatsaechlich vorhat: Die gewaltsame Raeumung. Dass dies im krassen Widerspruch zu der unwahren Behauptung steht, uns nicht kriminalisieren zu wollen, scheint den SchreiberInnen nicht aufgefallen zu sein. Die Beispiele aus anderen Staedten (z.B. Tuebingen und Frankfurt) zeigen, dass es rechtlich kein Problem ist, das Wagenleben zu legalisieren. Es geht hier einzig und allein um den politischen Willen dazu. Die Bemerkungen schliesslich, wir haetten diese Lebensform frei gewaehlt und muessten somit die Konsequenzen daraus tragen, finden wir nur noch zynisch. Sie verfaehrt nach der Logik "wir haben nichts dagegen, aber wer's macht, ist selbst schuld, wenn wir ihm/ihr Gewalt antun." Die Wagenburg Hoppetosse wird es je- denfalls weiterhin geben, ob es der SPD gefaellt oder nicht. ******************************* Momentane Situation 1.Vorschlaege der FMK/KMK u. des Wis- senschaftsrates o Ausbau der Hochschulen schwer- punktmaessig bei FH's, langfristig Verhaeltnis 40:60 FH:Uni 2. Studienstrukturreform an den Unis o Hochschulzugang weiterhin Abi, in zulassungsbeschraenkten Studiengaengen Leistungskriterien staerkeres Gewicht, spezifische Eingangspruefungen in einzelnen Faechern. o Differenzierung zwischen a) berufsqualifizierendem Studium in 8 bis 10 Semestern, verschlankt b) Ausbildung wissenschaftlichen Nach- wuchses o Festlegung der Regelstudienzeit auf 8-10 Semester je nach Fach (incl. Pruefungen und Praxissemestern) Umsetzung durch rechtlich verbindliche Festlegungen und Eckdaten, Durchsetzung durch Anreize und Sanktionen o auf Seiten der Dozierenden: Mittelzuweisung nach leistungs- und erfolgsorientierten Kriterien mit staerkerer Betonung der Lehrleistung; Evaluation der Lehrleistung durch einen externen Ausschuss Lehre; intern durch Studis, Profs etc. .Weiteres Kriterium: Studienabschluss innerhalb oder unter der Regelstudienzeit . o -auf Seiten der Studis: bessere Betreuung u. Beratung der An- fangssemester durch studentische Tutorien Leistungsbezogene BAFoeG-Zahlungen, Praemien und Preise f. erfolgreiche (=schnelle) Studis; Freischussregelung in mehreren Faechern, Studiengebuehren bei Ueberschreitung der Regelstudienzeit um 2 Semester, Exmatrikulaiton bei Ueberschreitung um weitere 2 Semester. (letzteres FMK/KMK) 3. Finanzielle Massnahmen noetig, staerkere Beteiligung des Bundes an der Hoch- schulfinanzierung. ********************************* Uni-Vollversammlung Die mit Spannung erwartete Uni-Vollver- sammlung ist vorbei. Die Bilanz fuer uns erscheint mir durchaus positiv. Die rund tausend Anwesenden waren ein klares Zeichen, dass die Themen vielen wichtig genug sind, um sie in auch in der letzten Uniwoche trotz Klausuren oder Feri- enplaenen in die Aula zu locken. Dass tau- send Studis nicht unbedingt repraesentativ fuer die Heidelberger Studierendenschaft sind, steht auf einem anderen Blatt... Zum Diskusisons- und Abstimmungsablauf gab es viele kritische Stimmen, wobei ich denke, dass man die Grenzen einer Grossveranstaltung wie eine Uni-VV sie dartellt klar sehen muss, wenn man mangelnde Demokratie kritisiert. Fuer mich waere das wichtigste Ergebnis dieser VV - und dann hat sie meiner Ansicht nach ihren ZWeck erfuellt - wenn das oeffentliche Interesse und die oeffentliche Empoerung in der Studierendenschaft ueber die Plaene zur Hochschulrefom anhalten und moeglichst bald sowohl zu oeffentlichkeitswirksamen Aktionen als auch zu weiterer inhaltlicher Auseinandersetzung fuehren. Vielleicht schaffen wir es auch, uns landes- oder sogar bundesweit zu Aktionen zusammenzufinden. Der Anfang ist gemacht - jetzt gilt es, so weiterzumachen und noch groessere Kreise zu mobilisieren! Fuer alle, die sich an den folgenden Ak- tionen beteiligen moechten, ist zunaechst am Dienstag, 16.02.'93 um 17.00 Uhr ein erstes Treffen im ZFB, Lauerstr. 1, an- gesetzt. Bleibt jetzt aktiv!!!! *********************************** Hier nun fuer alle, die nicht dabei waren oder die es nocheinmal nachlesen moechten die Beschluesse der VV im einzelnen: UN-Konvention gegen Diskriminierung im Bildungswesen 22. Mai 1962 Article 4 [...] make higher education equally accessible to all on the basis of individual capacity [...] Article 5 1. The States Parties to this Convention agree that: (a) Education shall be directed to the full development of the human personality and to the strenghtening of respect of human rights and fundamental freedoms; it shall promote understanding, tolerance and friedship among all nations, racial or religious groups, and shall further the activities of The United Nations for maintenance of peace. Struktur der Hochschullandschaft 1. Qualitaetsverbesserung statt Auftei- lung des Studiums Beibehaltung des wissenschaftlichen Anspruchs des Universitaetsstudiums fuer alle Keine Aufteilung des Studiums in "berufsqualifizierende" und "wissenschaftliche" Phase 2. Alternativen bieten Breitere Information ueber tertiaere Bildung Ausbau der Fachhochschulen und Erweiterung ihres Faecherspektrums Berufsakademien als Alter- native im Verwaltungs- und Dienstlei- stungsbereich Erhoehte Durchlaessigkeit der Bil- dungseinrichtungen Lehre und Studienzeit 1. Mehr Qualitaet der Lehre Lehrbefaehigungspruefung bei Habilitation Paritaetisch besetzte Kommission fuer die Lehre Lehrgutachten 2. Sinnvolle Studienorganisation sinnvolle Studien- und Pruefungsordnung Koordination der Veranstaltungen in der Fakultaet und uebergreifend 3. Studienzeit freie Gestaltung des Studiums setzt freie Bestimmung der Studienzeit voraus keine Sanktionierung bei Ueber- schreitung der Regelstudienzeit Demokratie an der Hochschule 1. Oeffentlichkeit aller Gremien Transparenz von Entscheidungen 2. Drittelparitaet nach Lehrenden, Ler- nenden und Sonstigen Aufbrechen von Gruppenmentalitaeten durch 1/3 Wahlverfahren 3. Verfasste Studierendenschaft Finanz- und Satzungshoheit 4. Globalhaushalte bei staerkerer gesell- schaftlicher Kontrolle z.B. "Aufsichtsrat" Forschung 1. Gute universitaere Bildung nur bei guter Forschung Studium soll an Grenzen der Wis- senschaft fuehren 2. Forschung wieder verstaerkt an Hoch- schulen Verbesserung der Forschungsin- frastruktur, z.B. Verwaltungs"managerIn", Beratungszentren etc. 3. Transparenz von Themen und Geldern Freiheit von Forschung bedarf kritischer Oeffentlichkeit Þ Diskurs Demokratische Kontrolle von Wis- senschaftsgremien Soziale Randbedingungen fuer Studierende 1. BAfoeG bedarfsorientiert elternunabhaengig 2. Wohnen Wohngeld auch fuer Studierende mehr sozialen Wohnungsbau 3. soziale Einrichtungen mehr Kinderkrippen und Kindergar- tenplaetze behindertengerechte Einrichtungen Ausserdem wurden folgende Ergaenzungsantraege angenommen: 1) Einfuehrung einer Frauenquotierung 2) Abschaffung der ZVS 3) bessere Information ueber Berufsmoeglichkeiten 4) allgemeinpolitisches Mandat fuer die Studierendenvertretung ********************************* Kurzkommentar: Das Ergebnis der VV ist ein von vielen Studierenden, quer durch die politischen Gruppierungen, getragener Minimalkonsens. Nicht mehr und nicht weniger. Mit Sicherheit war man schon einmal weiter, aber die klare Ablehnung der im Moment auf Regierungsebene diskutierten Tendenzen ist einiges wert. Jetzt geht es darum diese lautstark zu aeussern, man denke an das WS88/89. Alle, die weitere Akzente setzen wollen, sind aufgerufen, UNiMUT mit LeserInnenbriefen zu ueberhaeufen. Michael ****************************** Die VV zum Studiticket Zum Studiticket liegt ein konkretes Angebot des Verkehrsverbundes Rhein Neckar (VRN) vor: Jeder Studierende zahlt mit dem Semesterbeitrag 20DM 'Solidarbeitrag', dies ermoeglicht allen Studierenden den Kauf eines ermaessigten Halbjahrestickets fuer den gesamten VRN zum Preis von 100DM (Modell 20+100). Die Verhandlungen der letzten Monate haben gezeigt, dass eine Verbesserung dieses Modells nur bei veraenderten Rahmenbedingungen, die das Land schaffen muesste, zu erreichen ist. Es steht also eine Entscheidung fuer das WS93/94 an. Die studentische Position sollte auf dieser Vollversammlung festgestellt werden. Auch wenn vielen die Abstimmung einer Vollversammlung als nicht ausreichend repraesentativ fuer eine Entscheidung er- scheint, de facto war sie eine Vorent- scheidung, da es sich auf jeden Fall um die bestmoegliche Legitimation handelt. Der Verwaltungsrat des Studiwerks wird letzendlich entscheiden und er will sich nach der studentischen Meinung richten. Und, um dies vorwegzunehmen, Die Vollversammlung hat sich mit ueberragender Mehrheit fuer das Studiticket ausgesprochen. Zwei Alternativen standen zu Abstimmung: 1. Annahme des '20+100 Modells' zu WS 93/94 mit der Bedingung, dass Ueberschuesse aus der Parkraumbewirtschaftung den Sockelbeitrag verringern und Radabstellanlagen finanzieren. Ferner Mitnahmemoeglichkeit am Wo- chenende. Weiterhin vollen Einblick ueber die Ver- wendung der 20DM fuer Einahmeausfaelle und Angebotserweiterung, sowie ueber Umsteigeeffekte und zusaetzliche Zuschuesse. 2. Ablehnung des Vorliegenden Modells und Neuverhandlung Richtung a) 1/2 Preis, b) Solidarmodell und/oder c) entscheidend attraktiveres Angebot ueber allgemeine oeffentliche Bezuschussung (Kampagne erforderlich). Folgende Gruende wurden fuer eine Annahme genannt: o 'Spatz in der Hand,.. ' -> Neuverhandlungen mindestens 2 Jahre. o 100 Mark (gegenueber z.Zt im Mittel 330 Mark) sind als Fahrpreis ausreichen attraktiv, um Autofahrer zum Umsteigen zu bewegen. Weitere Anreize muessen ueber Parkraum- bewirtschaftung u.ae. geschaffen werden. Nur der umsteigende Autofahrer ist ein Gewinn fuer die Umwelt - nicht der Nied- rigpreis alleine. o Studiticket ist Voraussetzung fuer Parkraumbewirtschaftung im Neuenheimer Feld. o Verhandlungsspielraeume fuer bessere Loesungen offenhalten. o Vorreitung bei Unis mit "kASTrierten Studierendenvertretungen (BW und Bayern) In der folgenden Diskussion sprachen sich zwei Studierende gegen das Studiticket aus, und zwar wegen des unvergleichlich hohen Zeitaufwands des OePNV gegenueber dem Auto, weil die Studierenden damit bloss den VRN subventionierten und weil die 20DM ohne direkte Gegenleistung gezahlt werden, das Studiticket sei wegen des hohen Fahrradanteils in Heidelberg ueberfluessig. Im Gegenzug wurde der Vergleich zwischen 20DM und einem Pizzaessen und 2 Bier gezogen, das Beispiel Bochum genannt, wo inzwischen Direktbusse zur Uni eingesetzt werden, und einiges mehr. Was am Beifall waehrend der Diskussion schon erkennbar war, ergab auch die Abstimmung: eine klare Zustimmung zum Studiticket.