Der Kritikalitäts-Unfall ereignete sich in einer japanischen Pilotanlage, in der fehlerhaft hergestellte Brennelemente zum Zwecke der erneuten Brennelement-Herstellung aufgearbeitet werden. Der Arbeitsablauf ähnelt der Wiederaufarbeitung. Im Gegensatz zu abgebrannten Brennelementen, sind die zu handhabenden Substanzen i.a. nicht mit hochradioaktiven Spaltstoffen verunreinigt.
Das Recycling-Material wird in Behältern mit konz. Salpetersäure aufgelöst und mit Wasser verdünnt. Solche Lösungen besitzen u.a. aufgrund der Moderatoreigenschaften des Lösungsmittels eine sehr kleine kritische Masse, ab der eine Kettenreaktion möglich ist. Welche Menge kritisch ist (0.5-10 kg), hängt vom spaltbaren Urangehalt und von der Geometrie des Behälters ab. In Japan wurde der Urangehalt des Ausgangsmaterials fälschlich mit 5% angenommen, obwohl er tatsächlich 18% betragen hat. Auf diese Weise wurde nach 21 Jahren Pause die weltweit 59. unkontrollierte, unbeabsichtigte Kettenreaktion ausgelöst. Im Unterschied zu den meisten Kritikalitätsunfällen, die durch Experimente oder in der Frühzeit der Atomindustrie ausgelöst wurden und bei denen die Kettenreaktion meistens von selbst durch thermische Effekte zum Erliegen gekommen ist ('schmutzige Bombe'), hat es sich in Japan um eine anhaltende Kettenreaktion gehandelt. Die Kettenreaktion wurde nach 15 planlosen Stunden durch induzierte thermische Effekte (Kühlung aus) und Eingriffe in die Neutronenbilanz ausgeblasen (in die Gefäß umgebung wurde der Neutronenabsorber Borsäure statt Wasser als Reflektor eingebracht).
Drei 'Stück Personal' wurden irreparabel kontaminiert, 49 Menschen wurden in der Anlage verstrahlt. Außerhalb der Anlage wurden folgende 'Normwert'-Überschreitungen vermeldet: 10, 1400, 20000. Im 10 km-Umkreis wohnen 310000 Menschen. Vermutlich sind diese nur sehr knapp der Mega-Katastrophe entgangen, da - anders als in einem AKW (z.B. Tschernobyl) - nur verhältnismäßig kleine Stoffmengen, hier zirka 16 kg Uran, in Reichweite der Kettenreaktion waren. Solange sich keine größeren Explosionen oder Brände ereignen, bleiben massive Kontaminationen auf die Anlage beschränkt. Unkontrollierte Abgaben an die Umgebung erfolgen durch beigemengte Radioaktivität austretender Dampfwolken und später durch Aufräumarbeiten. Es besteht die Hoffnung, daß diese Beimengungen nur wenig Plutonium und Spaltprodukte enthalten.
Alle Infos sind derzeit noch ein wenig wackelig. Das Bild, das sich daraus ergibt, ist, daß der Unfall durch mangelende Sorgfalt ausgelöst wurde. Menschen machen nun einmal Fehler!! Technische Maßnahmen können zwar helfen, daß einige solcher Fehler nur einen Beinahe-Unfall auslösen, aber Sicherheit bieten sie nicht. In diesem Falle hätte eine funktionierende, elektronische Buchhaltung der Urangehalte (...bloß kein Windoofs und R/3!) sowie die Verwendung flacher Gefäßgeometrien einen Kritikalitätsunfall möglicherweise vermeiden können.
In einem Memorandum von 570 deutschen ProfessorInnen, das peinlicherweise genau am Vorabend des Unfalls der Regierung und der Öffentlichkeit übergeben wurde, wird darauf hingewiesen, daß die Gefahren der Atomkraftnutzung heutzutage durch technische Maßnahmen so weit im Griff seien, daß die Risiken "mit den Risiken eines Windrades vergleichbar seien". Hampel'männer', elende! Zauberlehrlinge! Arrogante, eingebildete Weise, die ihr Geplapper als wissenschaftliche Wahrheit feilbieten! Auch Atomminister Trittin konnte sich auf einer Pressekonferenz einer polemisch-kritischen Bemerkung über das professorale Memorandum nicht enthalten. Fischer war wohl gerade nicht zugegen...