Neues vom Dezernenten für Gebührenfragen (18.7.98)

Mit Schreiben vom 9.7.98 beantragte der Kanzler im Verwaltungsrat am 16.7. mit einer von Dezernent Behrens verfaßten Vorlage die Abstimmung einer Verteilung von Poolmitteln zur Verkürzung von Studienzeiten mit der Begründung:

"Das Ministerium schreibt jährlich Poolmittel zur Verkürzung der Studienzeiten aus. Über die Weitergabe der Anträge der Fachvertreter entscheidet der Senatsausschuß für die Lehre (SAL). Das Ministerium hat im wesentlichen nach der Prioritätenliste des SAL einige Projekte - wie aus beiliegendem Kassenanschlag ersichtlich - bewilligt, aber in der Frage der Eigenanteile, die seitens der Universität in den Jahren 1998 und 1999 zu erbringen sind, teilweise unerwartete Entscheidungen getroffen. Für 1998 stellte das MWK verhältnismäßig hohe Beträge bereit, für die 1999 unerwartet niedrige...."

Als das studentische Mitglied in der Verwaltungsratssitzung berichtet, daß der SAL nie darüber beschlossen habe, wird dies dementiert (zu diesem Zeitpunkt hat Behrens die Verhandlungsführung übernommen, da der Rektor, Vorsitzender des SAL, zu einer wichtigen Besprechung in Stuttgart die Sitzung verlassen hatte). Der Antrag von Behrens, die Gasthörergebühren für die von ihm ausgesuchten Projekte zu verwenden, wird erwartungsgemäß angenommen. Mal wieder hat der Dezernent für Gebührenfragen seine Politik durchgesetzt, mal wieder hat der Rektor ("Lehre ist jetzt Chefsache") Siebke sich aus der Entscheidung rausgehalten.

Hintergrundinfo:

Der SAL hat - trotz mehrmaligen Beantragens und obwohl es mehrmals möglich gewesen wäre - nicht über diese Priorätenliste abgestimmt. Vielmehr wurde eine Beschlußfassung mehrmals verhindert. Auch eine Diskussion des vorgelegten Antrags, die am 30.6. oder 9.7. im SAL möglich gewesen wäre, führte Herr Behrens diese nicht herbei.

Herrn Behrens' Formulierung täuscht dem Verwaltungsrat eine Verfahrenspraxis vor, das Herr Behrens selber zu unterbinden sucht. Herr Behrens bedient sich hierbei unrichtiger Aussagen, verkürzt ohnehin knappe Zeitspannen oder verschweigt, wenn sie doch verlängert werden. Er lenkt Informationen an Gremien vorbei oder enthält sie ihren Mitgliedern vor, er beeinflußt Verfahren derart, daß die Entscheidungsfindung aus gewählten und mit Mitgliedern aller Gruppen der Universität besetzen Gremien in seine Zuständigkeit verlagert werden. (Dies noch dazu zu einer Zeit, da das Dezernat Behrens mit der "Abwicklung" der Studiengebühren ausreichend ausgelastet sein dürfte).

Chronologie der Ereignisse

Ab dem 19.Dezember 1997 erhalten die Institute ein Rundschreiben, datiert auf den 16.12.97, (Az. 7003.1), in dem Herr Behrens mitteilt, daß es Sondermittel des Ministeriums gibt. Zum Verfahren stellt Herr Behrens fest (vgl. UNiMUT aktuell vom Januar):

"Zum Gang der Antragstellung innerhalb der Universität ist festzustellen, daß die Anträge vor der Weiterleitung an das Ministerium vom zuständigen Dezernat 2 durchgesehen werden müssen, das dann einen Entscheidungsvorschlag über die Prioritäten erarbeitet. Dieser Vorschlag wird sodann nach Akzeptierung durch das Rektorat an das Ministerium übersandt werden.
Die Anträge müssen daher bis spätestens zum 09. Januar 1998 bei der Zentralen Universitätsverwaltung, Ref. 2.1.3, eingegangen sein, um eine ordnungsgemäße Bearbeitung zu gewährleisten."

Darauf verfassen die studentischen SAL-Mitglieder Jan Schrage und Kirsten Heike Pistel einen Brief an den Rektor, in dem sie das Umgehen akademischer Gremien kritisieren und Verfahrensvorschläge machen.

"[...] Im oben erwähnten Rundschreiben von Herrn Behrens wird die Verteilung von Sondermitteln des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung, Kunst etc. zur Verkürzung der Studienzeiten und zur Stärkung der Lehre bekanntgegeben. Zum Verfahren gibt Herr Behrens bekannt, daß die Anträge vom "zuständigen Dezernat 2 durchgesehen werden müssen". Dieses Dezernat erarbeitet dann einen "Entscheidungsvorschlag über die Prioritäten" der "nach Akzeptierung durch das Rektorat" an besagtes Ministerium übersandt wird. Mit anderen Worten: Hier erklärt sich eine Abteilung der Verwaltung selbst zuständig für Angelegenheiten der Lehre, insbesondere für die vorläufige Festsetzung von Prioritäten innerhalb der Lehre. [...] Bei derartigen Initiativen werden die für solche Dinge zuständigen Institutionen der Universität, also vor allem der Senat und der Senatsausschuß für Lehre, in geradezu skandalöser Weise übergangen. Wichtige akademische Angelegenheiten wie die Lehre, die - wie sich schon an der Personalunion von Rektor und Prorektor für Lehre deutlich zeigt - in Heidelberg hohe Priorität genießt, dürfen nicht auf diese Weise zu bürokratischen Formalia degradiert werden. Es muß auch, damit deren Qualität gewährleistet bleibt, unbedingt eine Diskussion in den zuständigen Gremien der akademischen Selbstverwaltung stattfinden. [...] Besonderen Kummer bereitet uns, wenn Fragen der Lehre und des Studiums scheinbar in die Verwaltung verlagert werden, selbst wenn dies in eifriger Pflichterfüllung geschieht. Hier gilt es, unbürokratische Wege zu finden. Konkret möchten wir Ihnen vorschlagen, daß das Rektorat die SAL-Mitglieder zur Beschlußfassung über die Reihung der Anträge für die Sondermittel hinzubittet, falls eine reguläre Sitzung nicht einberufen werden kann."

Auf diesen Brief hat der Rektor nie reagiert. Am 22.Dezember beantragt Kirsten für die Sitzung des SAL am 22.Januar das Thema Mittelvergabe zu erörtern:

"Auf der 41.Sitzung hatten wir einen Konsens darüber festgestellt, daß der SAL an der Entscheidungsfindung über die Mittelvergabe von Mitteln für die Lehre beteiligt werden sollte, ausdrücklich ausgenommen wurden auf der Sitzung die Mittel der Titelgruppe 71. Mit Schreiben vom 16.Dezember 1997 teilt nun Herr Behrens mit, daß sein Dezernat - zumindest in einem konketen Fall - für die Mittelvergabe derartiger Mittel zuständig ist und sogar das Rektorat nicht an der der Erstellung von Beschlußvorlagen mitwirkt, sondern nur noch deren Akzeptiering zu besorgen hat. Wir sind demgegenüber der Ansicht, daß der SAL zum einen im Interesse einer sachgerechten Entscheidung beteiligt werden muß und zum anderen, um eine Mitwirkung von gewählten Gremien an Entscheidungen zu gewährleisten, beteiligt werden sollte. Wenn nicht der SAL, so müßte unserer Ansicht nach der Verwaltungsrat oder das Rektorat die Entscheidung treffen, letztere beiden sollten sich aber auf jeden Fall auf die im SAL versammelte Kompetenz zurueckgreifen. Eine Entscheidung durch das Dezernat 2 alleine oder aufgrund einer Empfehlung durch das Dezernat 2 halten wir inhaltlich und rechtlich für nicht zulässig."

In der SAL-Sitzung am 22.Januar teilt Dezernent Behrens mit, aufgrund der Fristsetzung durch das MWF sei eine Beteiligung des SAL nicht möglich gewesen, die Frist für die Einreichung der Anträge sei aber inzwischen auf Ende Januar verschoben. Dies muß Herrn Behrens spätestens seit dem 9.Januar bekannt sein. Auf Nachfrage, warum dann die Anträge nicht in der regulären Sitzung am 22.Januar abgestimmt werden können oder zumindest eine Tischvorlage mit einer Übersicht über die Anträge für die Sitzung erstellt wurde - was den beiden Schreiben entgegen gekommen wäre - ergehen ausweichende Antworten des zuständigen Dezernenten (die Zeit reiche nicht, der SAL könne nicht mit allem befaßt werden, etc.). Auf Drängen erklärt er sich immerhin bereit, Interessierten Akteneinsicht in seinen Diensträumen zu gewähren. Das Protokoll der Sitzung vermerkt unter TOP 6 (Verschiedenes):

"Haushaltsmittel des MWK zur Studienzeitverkürzung: Die studentischen Mitglieder kritisieren die Verfahrensweise, die zur Entscheidung über die Weiterleitung an das Ministerium gewählt wurde. Dem wird entgegengehalten, daß aufgrund der Terminsetzung des MWK das übliche Verfahren unter Beteiligung des SAL nicht durchgeführt werden konnte. Es wird vereinbart, daß die Anträge vom 26.01. bis einschließlich 29.01 bei D2 zur Einsichtnahme ausliegen. Eventuelle Anmerkungen sollten schriftlich bis zum 30.01, 12.00 bei D2 eingegangen sein. Diese werden dann zusammen mit den Anträgen dem Rektorat vorgelegt werden."

Bis heute ist den SAL-Mitgliedern nur bekannt, daß Herr Behrens eine Aufstellung gemacht hat, diese ans Ministerium geschickt wurde und daß kein Beschluß im SAL gefaßt wurde. Weder die Anträge noch die von Herrn Behrens vorgenommene Reihung wurden je dem SAL vorgelegt; sie durften nur auf Anfrage bei Herrn Behrens eingesehen werden. Die Antragstellenden wurden zumindest zum Teil bis heute nicht über die Weiterleitung oder Ablehnung der Anträge informiert (erinnnert sei hier zum Beispiel an Ausführungen von Herrn Rothe im Großen Senat).

Am 30.6.98 findet die 47.Sitzung des SAL statt. Ein für den 9.7.98 angesetzter Termin wird mangels anstehender Themen abgesetzt (das einzige vorgeschlagene Thema, die Einführung des Bachelor und Master ist bereits vom Rektor in eine Sonderkommission ausgelagert worden)

Herr Behrens muß zu diesem Zeitpunkt das Schreiben des MWF vom 29.4 gekannt haben, da es einen eigenhändigen Eingangsvermerk vom 11.5.98 von ihm trägt. Er erwähnt nichts und verhindert so wieder eine ordentliche Befassung des SAL mit dem Thema, denn am 2.7.98 läßt er Frau Reiher in einem Schreiben (AZ 1279.7) mitteilen:

"Die vor längerer Zeit für den 09.07.98 festgelegte Sitzung ist durch die Sitzung am 30.06.98 gegenstandslos geworden und findet nicht statt."

Auf dem 9.7.98 - dem Tag der abgesetzten SAL-Sitzung datiert Behrens seinen Antrag an den Verwaltungsrat. Der angeführte Beschluß des SAL ist frei erfunden.

Herr Behrens schlägt in seinem Antrag vor, die Eigenbeteiligung über die Gasthörergebühren aufzubringen. Hierzu sei erwähnt, daß die meisten Institute davon ausgingen, daß der Eigenanteil von ihnen zu erbringen sei - manche Anträge wurden darauf hin gar nicht gestellt. Gestellt wurde aber ein Antrag einer Professorin, der auch auf Platz 1 der Behrensschen Prioritätenliste landete. Behrens leitete also die Anträge ans Ministerium ohne daß ein Beschluß über die Eigenbeteiligung vorlag! Hierzu sei noch angemerkt, daß die Studierenden für den 22.Januar einen Antrag über die Verwendung der verschiedenden Studiengebühren vorgelegt hatten. Der Antrag wurde aber gar nicht befaßt, da erklärt wurde, die Mittel stünden der Universität vollständig nicht zur Verfügung. Richtig war zu diesem Zeitpunkt aber bereits (was die Verwaltung, nicht aber die Studierenden wissen konnten), daß nur die Gasthörergebühren der Uni zur Verfügung stehen. Die falsche Auskunft damals kam Herrn Behrens nun ganz entgegen, denn so erhob nur er im Verwaltungsrat Anspruch auf die Mittel.

An den Projekten der Behrensliste ist übrigens interessant, daß die Antragstellerin von Projekt Nr.1 inzwischen einen Ruf nach Bielefeld hat und Nr.2 die Mittel im Grunde schon von anderer Stelle hat -- aber woher soll Behrens das auch wissen, wenn er die Listen im stillen Kämmerlein macht. Oder hat man hier mal wieder eine Möglichkeit gefunden Bleibeverhandlungen, für die es keine Gelder mehr gibt, so zu finanzieren - wozu Gebühren nicht gut sind...

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