Novellierungen des Hochschulrahmengesetzes (HRG) sind immer kitzlig: Zwar handelt es sich um ein Bundesgesetz, da aber die Hochschulen an sich Sache der Länder sind, haben diese da etliche Wörtchen mitzureden. Und dazu kommen natürlich immer die Studis, die bei früheren Novellierungen gerne lautstark ihre Bedenken anmeldeten. Vermutlich würde das auch dieses Mal nichts schaden.
Zur Einstimmung auf das Thema kann mensch erstmal unseren Kommentar zu einem BMBF-Entwurf zum Thema lesen, um sich dann in einer Synopse zu den bisherigen Entwürfen zu verlieren. Vielleicht ist das aber auch nicht nötig, so überraschend ist es nämlich nicht, was die Landesminister mit dem zuständigen Bundesminister Jürgen "Zukunft" Rüttgers ausgekartelt haben, und etliches davon kommt uns in Baden-Württemberg auch ganz bekannt vor.
So etwa die Regelung, dass Unis sich einen Teil ihrer StudienanfängerInnen selbst raussuchen können -- ein guter Teil des bundesweiten Presseinteresses am ersten Auswahlgespräch an unserer Uni kam wohl aus der Ahnung, dass ähnliches bald auf die gesamte Republik zukomme. Im gleichen Stadion spielt der Plan, über eine "Leistungsquote" (das unerschöpfliche kreative Potential vom Ministern im Prägen hohler Phrasen überrascht auch den hartgesottenen Redakteur immer wieder) "besonders qualifizierten" Studis trotz ZVS die Wahl ihrer Uni zu überlassen.
Das neue HRG soll auch mehr "Freiheit" zum Experimentieren mit Bachelors (d.h. Vordiplom oder Zwischenprüfung werden berufsqualifizierend) und Masters schaffen, nach dem gleichen angloamerikanischem Vorbild soll ein "Credit-Point-System" eingeführt werden, Regelstudienzeiten über 9 Semestern soll es nicht mehr geben dürfen -- Schritte zur Internationalisierung, wie Rüttgers betont. Gerade, dass er nicht Globalisierung gesagt hat.
Erfreulich immerhin, dass sich die Inquisitoren vom Schlage eines Trotha (immer noch ärgerlich, einem Juristen Verantwortung für Wissenschaft zu geben) nicht ganz durchsetzen konnten: Zwischenprüfungen o.ä. soll es jetzt war in allen Studiengängen geben, fällt mensch durch, folgt aber doch nicht gleich die Zwangsexmatrikulation, sondern nur eine Zwangsberatung -- und wieviel davon übrig bleibt, ist nach den Erfahrungen mit Zwangsberatungen in BaWü noch offen. Ähnlich sieht es bei den Studiengebühren aus: Während die Gebührenheroen Trotha und Radunski aus BaWü und Berlin auf ihren Studiengebühren beharrten, versuchte ihr Kollege Zöllner aus Rheinland-Pfälz, ein Studiengebührenverbot fürs Erststudium durchzusetzen. Selbst von Obermodernisierer Rüttgers, der in einem DLF-Interview heute morgen verkündete, solange die Finanzminister mit Stielaugen auf die Hochschuletats blickten, werde über Studiengebühren nicht geredet, kam da keine Unterstützung -- vorerst ist das Fazit in dieser Frage mit dem des Hornberger Schießens zu vergleichen.
Und das alles, während Abschiebeminister Manfred "Law and Order" Kanther beklagt, durch "falsche Bildungspolitik" würden alle Jugendlichen kriminell, was nicht mal durch viel mehr Polizei und viel härtere Strafen voll aufgefangen werden könnte. Im US-Bundesstaat Louisiana wurde jüngst ein Gesetz verabschiedet, das Autofahrern erlaubt, Autodiebe einfach umzunieten. Explizit verboten wurde allerdings, sie vor die Kühlerhaube zu schnallen und so durch die Gegend zu fahren.
Weiterlesen: Der vermutliche Wortlaut des Kompromisses, und Pressestimmen dazu.