Das "Heldengedenken" steht wieder an
Der kommende Sonntag ist in vielen Kalendern als "Volkstrauertag" markiert. Dieses Volkstrauern sollte nach dem ersten Weltkrieg die Erinnerung an die Soldaten, die in Verdun ein Inferno und in Ypern den ersten Einsatz moderner Chemiewaffen geprobt hatten, wach halten und war natürlich ein gefundenes Fressen für Freikorps, Studentenverbindungen und Nazis -- letztere begingen den Tag denn auch als "Heldengedenktag" richtig groß.
Diese Geschichte hindert unzählige Kirchengemeinden landauf, landab mitnichten an allerlei Zügen zu mehr oder minder entsetzlichen Kriegerdenkmälern. Heidelberg allerdings hat in dieser Liga mit dem so genannten "Ehrenfriedhof" nahe dem Bierhelder Hof ein besonders schweres Erbe. 1934 von Nazi-Bürgermeister Carl Nienhaus zum Gedenken an die nichtjüdischen Soldaten, die im ersten Weltkrieg umgekommen waren, eingeweiht und nach dem zweiten Weltkrieg um all die zu ehrenden Wehrmachtssoldaten erweitert (aus ihren Reihen mussten die, die Nazis als JüdInnen klassifiziert hatten, gar nicht erst gestrichen werden) ist er natürlich ein Top-Anziehungspunkt für Nationalkonservative, Nazis und andere Elemente am rechten Rand, zumal, wenn es gilt, der "Helden" zu gedenken.
Wirklich erschreckend wird es, wenn sich diese Leute mit dem angeblich so demokratietreuen Militär und offiziellen Vertretern der Stadt mischen. Im letzten Jahr betrieb beispielsweise der UNiMUT-LeserInnen wohlbekannte Raban von der Malsburg als erster Bürgermeister eins a Reinwaschung der Wehrmacht, als er sagte, "Soldaten müssen weiter in Kriege ziehen, um Recht und Freiheit zu schützen" (Hervorhebung durch die Red) -- ganz so, als seien die Menschen, die dort oben begraben sind, in Kriege um Recht und Freiheit gezogen.
Dass bei alledem die offen rechtsextreme und antisemitische Burschenschaft Normannia nicht fehlen darf, überrascht nicht. Auch wenn sie bei dieser Gelegenheit nicht ihre paranoiden Flugblätter wider die "Macht des jüdischen Finanzkapitals" (Sommer 2000) oder die "Zensur" der antisemitischen Ausfälle von Ex-CDU-MdB Hohmann (diese Woche) verteilte, ist die Anreicherung des schwarz-braun-olivgrünen Cocktails um die Speerspitze großdeutsch-völkischer Verblendung alles andere als beruhigend.
All das ist ein Spektakel, für das auf dem Jahrmarkt Eintritt genommen würde. Leider allerdings meinen die (typischerweise) Herren, die dort auf dem Berg gedenken, die Sache ernst. Und das ist Grund genug für die AIHD und einige andere Organisationen, zu einer Kundgebung gegen das "Heldengedenken" aufzurufen. Treffpunkt dazu ist am 16.11. um 10 Uhr der Platz vor dem "Ehrenfriedhof" nahe dem Bierhelder Hof. Zumindest sollen die, die da den Helden von Oradour, Lidice, Distomo, Kragujevac, Dory und wer weiß von wo noch überall, denen, die für Kaiser oder Führer Milionen von Menschen abgeschlachtet haben, gedenken wollen, wissen, dass sie das nicht unwidersprochen tun können.
Dieser Artikel wurde zitiert am: 19.11.2004