Der Bundesverband Sargindustrie informiert (06.02.2002)

Nicht wenige Pressestellen halten den UNiMUT für eine Hochglanzpublikation, die ihre LeserInnen gern über die neuesten Trends am Markt für Mobiltelefone informieren würde, oder jedenfalls über Absolventenbörsen und Netzwerkbildungstreffen. Die Pamphlete, die wir in der Folge zugeschickt bekommen, taugen meist nur als Grundlage für Satire.

Jetzt jedoch kam ein Schreiben an, das so haarscharf zwischen klarem Fake und berückender Ehrlichkeit laviert, dass wir selbst jetzt nicht sicher sind, ob sich hier die Kommunikationsguerilla betätigt oder der Mittelstand ehrlich um das Niederreißen von Tabus bemüht. Urteilt selbst -- hier der Brief:

Vorankündigung:
Presseforum "Individuell leben -- Individueller Sarg. Ein neuer Trend?"

Sehr geehrter (sic!) Frau Haller,

von der Büroklammer bis zum Jumbojet -- alle Lebensbereiche sind geprägt von Design, Mode und Trends. Jeder bekommt alles genau nach seinem Geschmack. Aber:
Enden Individualität und Design mit dem Tod?
Immer mehr Menschen verneinen diese Frage. "Sterben und Bestattung" sind zwar immer noch Tabuthemen, aber ein neuer Trend in der Bestattungskultur zeichnet sich deutlich ab. Individuelles und kreatives Design von Särgen ist gefragt wie nie.
Wer möchte schon "als Massenware abgefertigt" werden?
Der Bundesverband Sargindustrie e.V. greift diesen aktuellen Trend mit folgender Veranstaltung auf:

Podiumsdiskussion mit Fachleuten aus allen Bereichen
mit
Ausstellung neuer Sargformen
und
Vorstellung des "Designpreises der BVSI 2002"

Mittwoch, 20.3.2002, vormittags
"Die Flora", Köln

Der mit EUR 2500,00 dotierte "Designpreis des BVSI" wird diess Jahr erstmalig für Designstudenten an Hochschulen in ganz Deutschland ausgeschrieben!

Ein Thema, das uns alle betrifft. Tragen Sie mit Ihrer Teilnahme zur Enttabuisierung bei.

Mit freundlichen Grüßen

S. v. Lauvenberg
Geschäftsführer BVSI e.V.

PS: Diese Veranstaltung ist der Ersatz für die aufgrund der aktuellen Krise im September 2001 ausgefallene Veranstaltung. Sie werden rechtzeitig eine detaillierte Einladung erhalten.

Besonders der Nachsatz schien stark eine Ulknummer zu signalisieren. Allerdings: Eine angegebene Telefonnummer existiert ebenso wie die angegebene Adresse, und die Webseiten des BVSI, www.holzsarg.de und www.sargwelten.de sehen, insbesondere mit den angegebenen Händleradressen, nach einigem Rumklicken eigentlich glaubhaft aus. Die Redaktion sucht nun Menschen, die gern zur erwähnten Veranstaltung fahren würden und würde sich auch intensiv um Fahrkostenbeihilfen bemühen. Wenn das ein Ulk ist, hat er mindestens die Dimensionen der Bielefeldverschwörung. Entsprechend verdienstvoll wäre eine Enttarnung.

Nachtrag (7.2.2002): Der Fall wird immer mysteriöser. An der Adresse des BVSI (Erste Fährgasse 2, Bonn) sitzt ebenfalls der Bundesverband Holzpackmittel, Paletten, Exportverpackung. Haben wir eineE LeserIn in Bonn, der/die mal sehen kann, was da tatsächlich steht?. Im Übrigen hat ein Leser eine Wette angeboten, dass es sich hier nicht um einen Fake handelt. Wer hält dagegen?

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Dieser Artikel wurde zitiert am: 22.10.2002